Doppelinterview mit Andreas Rauh und Thomas Vinnen

Munich, August 2022

Doppelinterview mit Andreas Rauh und Thomas Vinnen

Munich, August 2022
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ir erwarten eine Belebung im Markt für Distressed M&A

Als Beteiligungsgesellschaft der Berylls Gruppe investiert Berylls Equity Partners in Unternehmen der Mobilitätsindustrie, die sich in Sondersituationen befinden. Nord Leasing bietet mit Sale & Lease Back und Sale & Rent Back attraktive Finanzierungslösungen und ist auf den produzierenden Mittelstand spezialisiert. Beide Unternehmen stehen im Tagesgeschäft in regelmäßigem Austausch zu potenziellen Zielunternehmen und zur Branchenentwicklung. Wir sprachen mit den beiden Geschäftsführern.

Interview Eva Rathgeber

Unternehmeredition: Welche Entwicklungen am M&A-Markt nehmen Sie aktuell wahr und wie beurteilen Sie die Perspektiven?

Andreas Rauh: Aus unserer Sicht war das Jahr 2022 im Mobilitätssektor, in den wir ausschließlich investieren, bislang eher ruhig. Wir als Berylls Equity Partners legen aber relativ strikte Investitionskriterien an, was die Anzahl möglicher Zielunternehmen für uns schon per se einschränkt. Perspektivisch erwarten wir in der nahen Zukunft eine deutliche Belebung im Markt für Transaktionen aus Sondersituationen.

Thomas Vinnen: In den vergangenen Monaten hat die Nord Leasing GmbH eine hohe M&A-Intensität erlebt, die jedoch mit einer weiterhin spürbaren Zurückhaltung einherging. Gründe hierfür sind nicht nur der Ukrainekrieg und die Coronapandemie, sondern vor allem die volatilen Märkte und die Zinswende. Wie stark und vor allem wie lange diese Krisenherde den M&A-Markt beeinflussen werden, lässt sich angesichts der aktuellen globalen und politischen Entwicklungen schwer vorhersagen.

Herr Rauh, welche Rolle spielt Distressed M&A für Ihre Beteiligungsgesellschaft?

Rauh: Als Beteiligungsarm der Berylls Gruppe investieren wir ausschließlich in Unternehmen der Mobilitätsindustrie, die sich in einer Sondersituation befinden und von deren nachhaltiger Perspektive wir überzeugt sind.

Als Berylls Gruppe bringen wir sämtliche unserer Kompetenzen sowie unser einzigartiges Branchennetzwerk ein und können so eine bestmögliche Entwicklung unserer Portfoliogesellschaften sicherstellen.

Unser partnerschaftlicher Ansatz als Beteiligungsgesellschaft ist leicht erklärt: In allen unseren Aktivitäten als Berylls Gruppe verstehen wir uns als integrales Element der Mobilitätsindustrie. In Summe unterscheidet uns das sicherlich von den übrigen Beteiligungsgesellschaften im Bereich Special Situations Investments.

Herr Vinnen, an welchen Stellen kommen Distressed-M&A-Fälle bei Nord Leasing vor?

Vinnen: In diversen Branchen, jedoch mit einem Schwerpunkt im Automobilsektor ebenso wie im Maschinen- und Anlagenbau. Nord Leasing finanziert Bestandsanlagevermögen von produzierenden Unternehmen aufgrund sehr unterschiedlicher Wünsche und Herausforderungen unserer Kunden. Es können Sondersituationen sein, welche die Unternehmensentwicklung hemmen, aber auch solche, welche mit großen Chancen verbunden sind.

Welche Anforderungen muss ein Unternehmen erfüllen, damit Sie sich mit einem Sale & Lease Back engagieren?

Vinnen: Es muss ein substanzielles, mobiles und vor allem frei zur Verfügung stehendes Anlagevermögen vorweisen mit einem Zeitwert in Höhe von mindestens 500.000 EUR. Klassischerweise handelt es sich dabei um Unternehmen mit einer Umsatzgröße von 5 Mio. bis 10 Mio. EUR.

Herr Rauh, Ihre Gesellschaft beschreibt sich selbst als „unternehmerisch agierende Beteiligungsgesellschaft, die Unternehmen der Mobilitätsindustrie mit Perspektive in Sondersituationen erwirbt, operativ verbessert und strategisch langfristig ausrichtet“. Welche Bedeutung hat das Finanzierungsthema für Sie?

Rauh: Bei jeder unserer Transaktionen ist das Finanzierungsthema ein wesentlicher Bestandteil des nachhaltigen Übernahmekonzepts. Ganzheitlich betrachtet bilden die Themen Strategie, operative Exzellenz und tragfähige Finanzierungsstruktur immer die Grundlage für eine erfolgreiche Entwicklung unserer Portfoliogesellschaften.

Wann kommt ein Asset-Based Lending für Sie infrage?

Den Einsatz von Asset-Based Lending bewerten wir bei jeder Transaktion neu. Ziel muss immer ein tragfähiges Finanzierungskonstrukt bei Übernahme sein, damit wir unsere Portfoliogesellschaften marktseitig bestmöglich entwickeln können. Im Fall der insolventen Heinrich Huhn GmbH zum Beispiel stellte die große Asset Base eine Herausforderung im Verkaufsprozess dar. Asset-Based Lending war unserer Einschätzung nach ein geeigneter Baustein innerhalb eines konservativen Gesamtfinanzierungskonstrukts, unter Einbindung von drei regionalen Bankenpartnern.

Wie verlief denn der Prozess?

Der Akquisitionsprozess bei Heinrich Huhn war für unser Team sehr herausfordernd. Wir befanden uns bis wenige Tage vor Signing in einem Kopf-­an-Kopf-Bieterrennen. Den finalen Ausschlag hat dann unser Übernahmekonzept gegeben, das die wesentlichen Interessengruppen überzeugen konnte. Und ich freue mich, heute sagen zu können, dass unser Konzept aufgegangen ist – trotz der extrem widrigen Rahmenbedingungen in der Automobilindustrie seit unserer Übernahme im August 2021.

Zu welchem Zeitpunkt erfolgte die Einbindung der Nord Leasing? Wie lief das ab?

Wir haben die Nord Leasing früh in diesen Prozess eingebunden. Wir pflegen mit den Kollegen dort eine hervorragende Geschäftsbeziehung und stehen im Tagesgeschäft in regelmäßigem Austausch zu potenziellen Zielunternehmen und zur Branchenentwicklung. Wir schätzen die Kompetenz und die Verlässlichkeit des Nord-Leasing-­Teams. Wir als Berylls Gruppe unterstützen unsere externen Partner im Gegenzug gerne regelmäßig mit unserer Branchenexpertise.

Und wie viel des ermittelten Werts wird dann finanziert?

Vinnen: Das hängt von diversen Faktoren wie Qualität, Verwertbarkeit und Verwertungsdauer der Maschinen ab und beträgt in der Regel 75% bis 90% des Gutachtenzeitwerts. 20% eines jeden Volumens stellen wir dann mit eigenen Mitteln dar; 80% werden über die klassischen – im Leasingmarkt tätigen – Kreditinstitute zur Verfügung gestellt.klassischen – im Leasingmarkt tätigen – Kreditinstitute zur Verfügung gestellt.

Herr Rauh, wie lange hat es gedauert, bis die Beträge ausgezahlt wurden?

Rauh: Das ging wirklich sehr schnell. Der Entscheidungsprozess wurde durch die Nord Leasing in nur vier Wochen abgeschlossen, wenn wir vom Erhalt der entsprechenden Informationsanforderungsliste rechnen. Am Closing-Stichtag wurden alle Beträge fristgerecht durch die Nord Leasing ausbezahlt. Für uns als Berylls Equity Partners ist ein Thema in der Zusammenarbeit entscheidend: Wir bekommen vom Team der Nord Leasing stets von Anfang an eine offene und belastbare Einschätzung der Finanzierungsfähigkeit und des möglichen Finanzierungsvolumens. Darauf können wir uns dann im weiteren Prozessverlauf verlassen. Da herrscht Handschlagqualität und das wissen wir sehr zu schätzen.

Herr Vinnen, neben Sale & Lease Back bieten Sie auch Sale & Rent Back an. Wo liegen die Unterschiede?

Vinnen: Im Sale & Lease Back-Fall verkaufen Unternehmen ihr gebrauchtes, mobiles Anlagevermögen an die Nord Leasing GmbH und leasen dieses sofort wieder zurück. Beim Sale & Rent Back werden die Maschinen nicht zurückgeleast, sondern zurückgemietet. Im Unterschied zum Sale & Lease Back bleiben die Betriebe als Mieter der Maschinen wirtschaftlicher Eigentümer und schreiben diese weiterhin in ihrer Bilanz ab. Sowohl die Konditionen als auch der Liquiditätseffekt sind bei beiden Varianten identisch.

Herr Rauh, warum haben Sie sich für die Leasingvariante entschieden?

Rauh: Wir haben diese Variante mit Blick auf die gewählte Transaktionsstruktur sowie aufgrund bilanzieller und steuerrechtlicher Überlegungen gewählt.

Wenn Sie abschließend die Finanzierungsart mit drei Schlagworten versehen sollen – welche sind das?

Schnell. Unkompliziert. Verlässlich.

Interviewpartner
Andreas Rauh

Executive Partner

Thomas Vinnen

Geschäftsführender Gesellschafter bei Nord Leasing GmbH

Hier gehts zur vollständigen Ausgabe in der Unternehmeredition.

Andreas Rauh

Andreas ist seit Januar 2020 als Mitgründer und Geschäftsführer bei Berylls Equity Partners tätig. Berylls Equity Partners investiert, als Beteiligungsgesellschaft der Berylls Gruppe, in Unternehmen der Mobilitätsindustrie, die sich in Sondersituationen befinden.

Andreas ist Experte in den Bereichen Private Equity, Mergers & Acquisitions und Unternehmensführung.

Nach zehn Jahren im Bereich Transaktionsberatung mit Schwerpunkt im Mittelstand wechselte Andreas im Jahr 2014 in den Beteiligungsbereich. Dort hat er seitdem in leitender Funktion eine zweistellige Anzahl an Firmenübernahmen und -verkäufen begleitet.

Andreas ist ausgebildeter Diplomkaufmann mit einem Abschluss von der Universität Trier und hält einen Master of Science in Business Abschluss der Handelshøyskolen BI.