Pressemitteilung

PRESSEMITTEILUNG: DIE BERYLLS TOP 100-ZULIEFERERSTUDIE 2018

München, Dezember 2018
U

MSATZ ÜBERTRUMPFT VORJAHRESREKORD, PROFITABILITÄT RÜCKLÄUFIG.

München, 03.06.2019 – Bereits zum achten Mal hat Berylls Strategy Advisors die 100 weltweit größten Automobilzulieferer im Rahmen der Top 100-Zuliefererstudie untersucht. Die Veränderungen im Ranking sind gravierend, die anhaltende Transformation der Industrie zeigt im letzten Jahr große Wirkung Der Vorjahresrekord von 827 Milliarden Euro wird von den 889 Milliarden Euro Umsatz 2018 deutlich in den Schatten gestellt, allerdings zu Lasten der Profitabilität. Zwar können die 17 deutschen Zulieferer in der Profitabilität mit 8,5 Prozent EBIT/Operating Income überzeugen, in Bezug auf den Umsatz steigen sie jedoch um durchschnittlich zwei Plätze im Ranking ab. Die Chinesen kennen dagegen nur eine Richtung: aufwärts. Sechs statt vier Unternehmen im Ranking, 31,5 Prozent durchschnittliche Wachstumsrate, 8,7 Prozent EBIT / Operating Income und eine gemittelte Verbesserung um 12 Plätze lassen sie zu den Aufsteigern des Jahres werden. Die 19 amerikanischen Zulieferer dürfen 2018 ebenfalls als Erfolgsjahr verbuchen, so wie auch die japanischen Unternehmen, die mit 28 Vertretern im Ranking erneut die größte Gruppe darstellen. Ganz anders sieht es für die koreanischen Zulieferer aus, die nach 2017 auch 2018 mit schwachen Umsätzen und zusätzlich niedriger Profitabilität zu kämpfen haben. Erneut erschweren ihnen starke Währungskurseffekte einen Teil des Geschäfts.

Autor
Christian Bangemann

Head of PR & Media Relations

BOSCH, CONTI UND DENSO VERTEIDIGEN DAS PODIUM, MAGNA VERDRÄNGT ZF

Die Plätze eins bis drei scheinen wie festzementiert. Ungefährdet liegt Bosch mit 47,6 Milliarden Euro Umsatz (Unternehmensbereich Mobility Solutions) auf Platz eins der Berylls Top 100-Zuliefererstudie 2018, gefolgt von Continental (44,4 Milliarden Euro) und dem japanischen Zulieferer Denso (umgerechnet 42,6 Milliarden Euro). Seit 2016 ist das Podium damit in festen Händen. Wie schon 2017 gibt es dagegen um Platz vier einen Kampf zwischen Magna (35,6 Milliarden Euro) und ZF (34,0 Milliarden Euro), den 2018 Magna für sich entscheiden kann. Der Wechsel an dieser Position ist der Einzige unter den Top 15.

Beherrschendes Thema im Jahr 2018 waren die Unsicherheiten am Markt, hervorgerufen durch eine Abkühlung der chinesischen Konjunktur, durch eine sprunghafte US-Handelspolitik und durch das Hin und Her in den Brexit-Verhandlungen. Dennoch hat das Wachstum kräftig Fahrt aufgenommen. Verbesserte sich der Gesamtumsatz der Top 100 von 2016 auf 2017 lediglich um 1,1 Prozent, so stieg er von 2017 auf 2018 um beachtliche 7,6 Prozent. Am Ende steht ein neuer Rekordumsatz von 889,2 Milliarden Euro für die Top 100. Ganz ohne Bremsspuren ist das Jahr 2018 an der Zuliefererindustrie allerdings nicht vorbeigegangen: Unter anderem führten hohe Investitionen in Zukunftstechnologien, steigende Personalkosten an ehemaligen „Billigstandorten“ und in einigen Bereichen stark steigende Rohstoffpreise zu einer rückläufigen Profitabilität. EBIT oder Operating Income verschlechtern sich im Schnitt um einen Prozentpunkt auf nur noch 7,7 Prozent. Wechselkurseffekte beeinflussen wie schon im Vorjahr das Bild: Während sich 2017 die Aufwertung des Euro negativ auf alle Unternehmen außerhalb der Eurozone auswirkte, schlug der Effekt 2018 um: Währungskurseffekte wirkten sich besonders für die japanischen und amerikanischen Unternehmen in dem in Euro ausgewiesenen Ranking positiv aus.

M&A-AKTIVITÄTEN SORGEN FÜR SIGNIFIKANTE VERÄNDERUNGEN

Das M&A-Karussell dreht sich immer schneller, die Konsolidierung der Branche nimmt weiter an Dynamik zu und sorgt in den Top 100 für viel Bewegung. Im vorvergangenen Jahr sorgte der Verkauf der Bosch-Anlassersparte an ein chinesisches Konsortium für Aufsehen, 2018 ging die Transformation mit noch deutlich höherer Geschwindigkeit weiter. Von der klassischen „Verbrennerwelt“ macht sich Bosch unter anderem mit mehr als 1.000 Patenten im Bereich autonomes Fahren zunehmend unabhängig und nimmt damit eine führende Position in den CASE-Technologien ein. Continental, Platz zwei im Ranking, denkt gar über eine Aufspaltung in „neue“ und „alte“ Welt nach. Denso, 2018 die weltweite Nummer drei unter den Top 100, treibt seine Transformation ebenfalls stark voran und hat dafür vor Kurzem Anteile an Infineon erworben. Weichai Power, Chinas umsatzstärkster Vertreter in den Top 100 (Platz 20), beschreitet mit der strategischen Allianz mit Ballard Power (Hersteller für Automotive-Brennstoffzellen) einen spannenden Weg. Schaeffler schafft mit dem Schaeffler Venture Forum die Voraussetzung für eine Zusammenarbeit mit Start-ups und baut die Kompetenz beim autonomen Fahren durch den Zukauf des schwäbischen Mittelständlers Paravan aus.

Prominente Beispiele für die grassierende Welle an M&A-Aktivitäten gab es 2018 einige: In den USA kauft Tenneco Federal Mogul, Calsonic Kansei aus Japan löst Magneti Marelli aus dem italienischen FCA-Konzern raus. Der chinesische Zulieferer Joyson schließt 2018 die Übernahme des insolventen Airbag-Zulieferers Takata aus Japan ab. GKN wird vom Finanzinvestor Melrose übernommen. Der südkoreanische Elektronik-Spezialist LG kauft den österreichischen Lichtspezialisten ZKW. Autoliv spaltet die Elektroniksparte ab und bringt Veoneer (Herstellungsschwerpunkte u.a. Lidar-, Radar-Komponenten) an die Börse. Honeywell gründet die Turbolader-Sparte Garrett vollständig aus und verabschiedet sich damit genau wie Johnson Controls vollständig aus dem Automobilgeschäft.

CHINESISCHE ZULIEFERER AUF DEM WEG NACH OBEN

Mit einem Gesamtumsatz von 889 Milliarden Euro blicken die weltweit 100 größten Zulieferer insgesamt auf ein Rekordjahr zurück, einige Unternehmen stechen aus der Menge aber mit besonderen Zahlen hervor. Als Ländergruppe seien hier die Chinesen zu nennen, die mit einer Wachstumsrate von 31,5 Prozent und einer durchschnittlichen Verbesserung von 12 Plätzen im Ranking sich deutlich von den anderen Ländergruppen abheben. Der Akku-Spezialist CATL und der Elektronik- und Safety-Spezialist Joyson glänzen hier noch einmal besonders. Auf der anderen Seite des Pazifiks machen die US-Unternehmen gute Geschäfte, wachsen im Mittel um beachtliche 13,1 Prozent und liefern mit 9,5 Prozent auch das beste EBIT / Operating Income ab. Die große Gruppe der 28 japanischen Zulieferer im Ranking kann da nicht mithalten, liefert mit 10 Prozent ein sehr solides Wachstum ab, bleibt beim EBIT / Operating Income allerdings unterdurchschnittlich. Ganz anders als die Deutschen: Die 17 Unternehmen – 2017 waren es noch 18, Aunde ist jedoch durchs Raster gefallen – überzeugen mit 8,5 Prozent EBIT / Operating Income und liegen damit klar oberhalb der durchschnittlichen 7,7 Prozent. Weniger Erfolg war dieser Gruppe mit einer durchschnittlichen Wachstumsrate von nur 3,5 Prozent vergönnt.

Schlimmer traf es allerdings die koreanischen Zulieferer. Schon 2017 kämpften sie gegen schwindende Umsätze und daran hat sich 2018 nichts geändert. Ein negatives Wachstum von 4,2 Prozent und nur 4,3 Prozent in der Profitabilität (EBIT / Operating Income) sorgen dafür, dass die 6 koreanischen Zulieferer im Ranking im Schnitt um 3 Plätze nach unten abrutschen. Sie leiden 2018 nicht nur unter herausfordernden Marktbedingungen, sondern zusätzlich erheblich unter Währungskurseffekten, die für mehr als 10 Prozent des Wachstumseinbruchs verantwortlich sind.

WAR 2018 DAS LETZTE REKORDJAHR FÜR DIE ZULIEFERERINDUSTRIE?

Die Vorzeichen zum Jahresanfang 2018 ließen nichts Gutes erwarten: Eine irrationale US-Zollpolitik, der global wichtigste Absatzmarkt China schwächelt, Europa und Großbritannien taumeln auf den Brexit zu, viele OEMs unterschätzen den neuen Abgasprüfzyklus WLTP massiv und die Anti-Diesel-Stimmung der Autokäufer ist eine weitere ernste Hürde für gute Geschäfte. Am Jahresende steht dann wider Erwarten ein strammes Wachstum in den Büchern der 100 größten Automobilzulieferer: Immerhin 85 Unternehmen konnten ihre Umsätze gegenüber dem Vorjahr steigern. Um zum 2018er-Top 100-Club dazuzugehören, waren mindestens 2,9 Milliarden Euro Umsatz notwendig, 300 Millionen Euro mehr als im Jahr 2017.

Die ersten Monate des Jahres 2019 zeigen eine ganz ähnliche Entwicklung wie das Frühjahr 2018 und dennoch wird dieses Jahr nicht an die Erfolge der Vorjahre anknüpfen können. Denn neben den politischen sprechen auch die technischen Gegebenheiten gegen weitere fette Jahre. Der Spagat zwischen langwierigen verlustreichen Investitionen in CASE-Technologien (Connectivität, autonomes Fahren, Sharing und E-Mobilität) und rückläufigen Erträgen aus dem bisherigen Geschäft ist für viele Unternehmen nicht zu meistern. Lieferanten mit traditionellen Modulen rund um den Verbrennungsmotor sind die Verlierer dieser Umwälzung. CASE kostet viel und liefert bislang kaum oder auch gar keinen wirtschaftlichen Beitrag für die Zulieferer. Das wird sich auch im nächsten Jahrzehnt nur langsam ändern. Eine Herausforderung, mit dem die großen Konzerne wie Bosch, Continental und ZF, aber auch Automobilzulieferer mit CASE-Bezug wesentlich weniger zu kämpfen haben.

Hinzu kommt, dass die Kassen vieler großer Unternehmen nach den ertragreichen Jahren 2010 bis 2018 sehr gut gefüllt sind. Ein Umstand, der die Industriekonsolidierung mit großer Dynamik weiter vorantreiben wird. Eine Dynamik, die von den CASE-Technologien befeuert wird, die im Zentrum der Zulieferer-Transformation stehen. Und so wie es sich darstellt, sind viele chinesische Unternehmen gut darauf vorbereitet. Sie haben das Potenzial, schon in den nächsten Jahren etablierten Zulieferern den Rang abzulaufen und sie aus den Berylls Top 100 zu verdrängen. CATL ist ein ganz aktuelles Beispiel dafür.

Wachstum und Marktdurchdringung der E-Mobilität – aktuell die primäre CASE-Technologie – sind in China größer als im Rest der Welt. Darum kaufen chinesische Unternehmen weiterhin in der westlichen Welt Zulieferer zu. Insbesondere Zulieferer mit einem kommerziellen Schwerpunkt in der „alten Welt“ verlieren aber mit jedem Tag an Attraktivität. Sie sehen schwierigen Zeiten entgegen.