Quo vadis, Zulieferindustrie – herausfordernde Zeiten erfordern beherztes Handeln

München, August 2024

Quo vadis, Zulieferindustrie – herausfordernde Zeiten erfordern beherztes Handeln

München, August 2024
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ass sich die Automobilindustrie vor dem Hintergrund von Elektrifizierung, softwaredefinierten Fahrzeugen und autonomem Fahren aktuell in der Transformation befindet, ist hinlänglich bekannt und beschrieben.

Aber wo steuern die Automobilindustrie und insbesondere die Automobilzulieferer angesichts der aktuellen Herausforderungen hin und welche Handlungsoptionen gibt es heute?

Wenn Zulieferer aus Wachstumsthemen aussteigen

Unternehmenslenker in der Zulieferbranche sind aktuell oft nicht zu beneiden und viele schauen reumütig zurück auf vergangene Zeiten, die unter anderem von guter Planbarkeit der Volumenabrufe und einem insgesamt (oftmals) partnerschaftlichen und verlässlichen Verhältnis mit den OEMs geprägt waren. Schließlich zeigt sich heute ein ganz anderes Bild: eine Flut an neuen Herstellern, die den bisherigen Kunden zunehmend Volumen streitig machen. Hochgradig volatile Volumenabrufe, insbesondere bei batterieelektrischen Fahrzeugen. Teure Innovationen, die sich aufgrund von enormem Wettbewerb und niedrigen Preisen nicht rechnen. Hohe Inputkosten, die sich darüber hinaus regional enorm unterscheiden. Kunden, die ganz neue und andere Bedürfnisse haben. Neue, vor allem softwaregetriebene OEMs, die Entwicklungszeiten enorm reduziert haben und bei denen „Time-to-Market“ die zentrale Kenngröße ist. Etablierte Premiumhersteller, deren Flaggschiffmodelle plötzlich keinen Absatz finden, womit auch die Technologieführerschaft in Frage gestellt werden kann. Europäische OEMs, die auch bei absoluten Innovationsthemen lieber mit Zulieferern aus Fernost arbeiten, um trotz enormen Risikos Kosten einzusparen. Der Arbeitsmarkt in Europa und speziell Deutschland ist angesichts von Fachkräftemangel und weiter reduzierter Arbeitszeit längst eine Wachstumsbremse. Risiken werden sukzessive versucht zu vermeiden, gerade auf der Kapitalseite. Die Liste ließe sich beliebig fortführen. Die Konsequenzen lassen sich bereits am Markt beobachten, wenn einzelne etablierte Zulieferer aus absoluten Wachstumsthemen wie Sensoren, Batterie oder Elektromotoren aussteigen.

Zulieferlandschaft in Zukunft – verliert Deutschland an Relevanz?

Wo das Ganze enden wird, ist unklar. Unbenommen bleibt aber, dass China eine ganz spezielle Rolle in der weiteren Entwicklung einnimmt, und zwar aus vielerlei Gründen. Einerseits schwindet zunehmend die lange Zeit erfolgreiche Arbeitsteilung aus Produktion in China und Entwicklung im Rest der Welt. Chinesische Unternehmen produzieren nicht nur, sondern sind oftmals hoch innovativ, gerade in Kerndomänen wie batterieelektrischen Fahrzeugen. Zwar werden in Deutschland rund sieben Mal so viele Patente für Kfz angemeldet wie in China, jedoch wurden aus China rund vier Mal so viele Patente für den Elektroantrieb angemeldet wie in Deutschland. Dass China seine Patentanmeldungen allein im Zeitraum 2010 bis 2020 um den Faktor sechs erhöht hat, zeigt, wo die Reise hingeht. Andererseits werden chinesische OEMs weiterhin zulegen und damit für eine Kräfteverschiebung auf dem globalen Automobilmarkt sorgen. Dabei werden automatisch auch chinesische Zulieferer durch die regionale Nähe weiter skalieren und sukzessive ihre globale Präsenz ausbauen. Ein Trend, der sich auch in den TOP 100 ablesen lässt: Gab es 2012 nur einen Vertreter aus China, waren es zehn Jahre später schon neun und bis 2030 dürfte die Zahl auf rund 20 ansteigen – größere Zukäufe noch nicht einmal eingerechnet.

Somit lässt sich hier ein Szenario zeichnen, in dem vor allem chinesische Zulieferer global Marktanteile gewinnen und für Innovation und Hightech stehen. Demgegenüber müssen gerade deutsche Zulieferer mehr und mehr auf sehr schlanke Strukturen bzw. Kostenvorteile statt Innovationsvorsprung setzen, mit Produktionen in Osteuropa und anderen Best-Cost-Standorten und einer damit einhergehenden zunehmenden Verlagerung von Arbeitskräften in andere Länder. Wie lange die Unternehmen bei verlagerter Wertschöpfung ihren Sitz noch in Deutschland halten, wird vor allem eine Anreizfrage des Staates bzw. der Steuersituation sein. Für Deutschland lässt sich damit nichts Gutes erahnen, sanken die Beschäftigtenzahlen im Automobilsektor ohnehin schon von zuletzt 808.000 im Jahr 2020 auf 774.000 in 2022.

Der Handlungsdruck steigt

Insbesondere für Zulieferer hierzulande gilt es, sich über die stattfindende Transformation und mögliche Szenarien klar zu werden und sich entsprechend vorzubereiten. In jedem Fall muss das Thema Portfolio weit oben auf der Agenda stehen, denn eine gezielte Fokussierung – auch wenn dies oftmals aus emotionaler Sicht schmerzhafte Divestments bei Wachstumsthemen bedeutet – erlaubt die Ressourcenallokation auf Themen mit langfristiger Wettbewerbsfähigkeit und Margenpotenzial. Für die verbleibenden Themen im Portfolio gilt es, für viele, insbesondere deutsche Zulieferer eine radikale Veränderung einzuleiten, unter anderem:

  • Nicht darauf setzen, dass die langjährigen Kunden von gestern auch noch Kunden von morgen sein werden, da es nicht nur Verschiebungen von Marktanteilen auf Seiten der OEMs gibt, sondern die Zusammenarbeit mit diesen auch zunehmend durch kurzfristige Optimierung als durch langjährige stabile Partnerschaften geprägt ist

     

  • Reaktivere Produktentwicklung, wenn diese vom Kunden gewünscht und vor allem bezahlt wird, da sich Innovationen gerade bei kürzer werdenden Zyklen und fehlenden Technologiestandards immer weniger lohnen

     

  • Radikale Reduktion der Eigenwertschöpfung in Deutschland, um der Vielzahl an Standortnachteilen beispielsweise in den Bereichen Energiekosten, Digitalisierung, Infrastruktur und Arbeitsmarkt zu entgehen

     

  • Aktive Vertriebsarbeit bei chinesischen OEMs sowohl für den chinesischen Markt als auch den europäischen Markt, um am Wachstum beziehungsweise an der Substitution etablierter Kunden zu partizipieren

     

  • Deutliche Verschlankung der Strukturen, wie zum Beispiel Abbau administrativer Aufgaben auf ein Minimum oder Abbau von Hierarchien, um schnell auf Marktveränderungen reagieren zu können

     

  • Senkung der Kosten mit allen verfügbaren Mitteln – ohne Rücksicht auf „heilige Kühe“ –, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrechterhalten zu können

     

  • Abhängigkeiten von Kunden, Produkten und Regionen reduzieren, um auf die enorme und nicht vorhersehbare Unsicherheit vorbereitet zu sein

Die Herausforderungen sind gewaltig und der langfristige Erfolg ist alles andere als in Stein gemeißelt, daher ist ein zügiges und entschlossenes Handeln unabdingbar.

Autoren
Dr. Jan Dannenberg

Executive Partner

Dr. Alexander Timmer

Partner

Dr. Jürgen Simon

Associate Partner

Dr. Alexander Timmer

Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.

Dr. Jürgen Simon

Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.

Dr. Jan Dannenberg

Dr. Jan Dannenberg (1962) ist seit 1990 Berater der Automobilindustrie und seit Mai 2011 Gründungspartner bei Berylls Strategy Advisors. Bis zum Frühjahr 2011 war er acht Jahre international als Partner – davon fünf Jahre als Associate Partner – für Mercer Management Consulting und Oliver Wyman tätig. Er ist ausgewiesener Spezialist für Innovationen und Markenmanagement in der Automobilindustrie und berät im Schwerpunkt Zulieferer und Investoren zu Strategie, Mergers & Acquisitions und Performance Improvement. Zudem ist er Geschäftsführer von Berylls Equity Partners, eine auf Mobilitätsunternehmen spezialisierte Beteiligungsgesellschaft.

Bachelor of Arts in Volkswirtschaftslehre von der Stanford University, Studium der Betriebswirtschaftslehre und Promotion an der Universität Bamberg.

Die Kunst der Code-Beherrschung – zwischen Budgetüberschreitung und Zukunftschance

München, August 2024

Die Kunst der Code-Beherrschung – zwischen Budgetüberschreitung und Zukunftschance

München, August 2024
N

eue Geschäftsmodelle und Dienstleistungen im Umfeld des Software Defined Vehicle stellen die Zuliefererbranche vor Herausforderungen.

Genauso wie beim Endprodukt verändert sich auch hier das Produktportfolio hin zu mehr softwarebasierten Leistungen bei gleichzeitiger Pflege der traditionellen Produkte. Die Wertschöpfungstiefe und der Aufbau neuer Kompetenzen sind hierbei für den zukünftigen Wettbewerb von Bedeutung. Unterschätzt werden der Grad der Veränderung und der Aufwand der digitalen Transformation. Überschrittene Budgets sowie unterschätzte Investitionen und Kosten, zum Beispiel für Lizenzen, gehören zum Alltag. Als Ergebnis geraten aktuelle Projekte mit Software-Fokus außer Kontrolle. Jüngste Beispiele zeigen, dass Budgetüberschreitungen von mehreren 100 % keine Seltenheit sind und sie – neben der Rentabilität eines Projekts – auch das ganze Unternehmen gefährden. 

Anstieg in den Kosten für Software Projekte

Quelle: Berylls by AlixPartners

Um Softwareprojekte erfolgreich umzusetzen, benötigt es also mehr als die weitverbreitete Einführung agiler Methoden auf der operativen Ebene. Insgesamt gibt es drei zentrale Handlungsfelder für die Kunst der Code-Beherrschung:

1. Prozesse, Methoden und Tools (PMT)

Neben dem Prinzip „Software als Produkt“ entstehen auch im Arbeitsumfeld Veränderungen. Softwareentwicklung wird transformiert zur Softwareproduktion, was eine Veränderung der Prozesse umfasst. Die Einführung agiler Arbeitsweisen allein erhöht nicht die operativen Fähigkeiten, Software zu entwickeln, zu integrieren und freizugeben. Aktivitäten und Artefakte müssen angepasst werden, um das Betriebssystem (operating model) zur Softwareproduktion zu befähigen.

Anforderungen

Traditionelle Entwicklungsprozesse in der Automobilindustrie dauern drei bis fünf Jahre und spezifizieren Anforderungen teils bis zum Projektende. Releases an Kunden im Zwei-Wochen-Takt lassen dies nicht zu. Die RFLP-Logik konsequent durchgehend anzuwenden und daraus eine zentral gesteuerte Architektur abzuleiten, ist neben den technischen Herausforderungen auch für die regulatorischen Themengebiete zwingend erforderlich. Folglich würde eine ganzheitliche Anforderungsstruktur (Requirement), einer Funktionsarchitektur (Function) zuvorkommen, in der die regulatorischen, technischen und kundenorientierten Anforderungen gesammelt, geclustert und hierarchisiert werden. Basierend darauf folgt die Konzeption der Systeme (Logical), die der finalen physischen Architektur (Physical) zu Grunde liegen.

Artefakte

Da Prozesse und Tools aus der Hardwareumgebung bereits existieren, werden diese oft auf Software angewandt. Die Verschiebung zu mehr Software bedeutet, Prozesse aus zwei Perspektiven in Frage zu stellen: a) Kontext und b) Verknüpfung. Im Hinblick auf den Kontext müssen Aktivitäten und Artefakte an die Softwareprodukte angepasst werden, wie zum Beispiel das Releasemanagement. Andernfalls werden erforderliche Prozesse ignoriert und die benötigte Prozesstreue wird nicht erreicht. In Bezug auf Verknüpfung ist die Verfügbarkeit von Daten und stringente Versionierung unbedingt erforderlich, um zum Erfolg beizutragen. Produkte wie Codebeamer ermöglichen die Nachverfolgung von Aktivitäten ohne nennenswerte Medienbrüche.

Integration und Testen

Wenn man von Tests spricht, sind CICD-Pipelines – automatisierte Prozesse, die eine kontinuierliche Integration (Continuous Integration CI) und Bereitstellung (Continuous Deployment, CD) ermöglichen – Teil der Konversation. Die neueste Version einer Software kann damit für Testzwecke auf den aktuellen Stand der Hardware (virtuell) hin überprüft werden. Hierbei sind Partner gefragt, die Datenmodelle entwickeln sowie notwendige Infrastruktur bereitstellen – eine essenzielle Make-or-buy-Entscheidung. Operativ ist die direkte Übertragung der Testergebnisse in die Entwicklung erfolgsentscheidend. Die Etablierung von DevOps auf Basis automatisierter Workflows reduziert nicht nur den Steuerungsaufwand, sondern erhöht auch die Entwicklungsgeschwindigkeit.

Industrialisierung

Die Prozesse um CICD und DevOps können als Softwareproduktion umschrieben werden, da Funktionen in großem Maßstab produziert und bereitgestellt werden. Um Qualität und Produktionssicherheit zu gewährleisten, ist ein klarer Releaseprozess von zentraler Bedeutung. Definierte Kategorien zur Kundenfähigkeit sowie die Überwachung der Releaseabläufe werden erfasst, um die Übertragung funktionsfähiger Software in das Kundenfahrzeug sicherzustellen.

2. Capability Management: Qualität Quantität

Automobilzulieferer stehen vor der Herausforderung, dass Entwicklungsteams und Management oftmals nicht die richtigen oder ausreichenden Fähigkeiten besitzen, um im Softwaregeschäft erfolgreich zu werden. Diese Herausforderung wird durch die kritische Bedeutung von Qualität über Quantität in der Softwareentwicklung und -architektur verschärft, denn leistungsstarke Softwareingenieure sind bis zu 10-mal produktiver als ihre durchschnittlichen Kollegen. Hierbei gilt es für Zulieferer, die wesentlichen Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen.

Zuerst müssen Zulieferer den Grad der Kerneigenleistung im Bereich Software identifizieren und strategisch Partnerschaften oder Akquisitionen nutzen, um diese zu stärken.

Ein umfassendes Verständnis für die notwendigen Rollen und Fähigkeiten im Softwarebereich ist entscheidend, um gezielte Rekrutierungsbemühungen, maßgeschneiderte Schulungsprogramme, spezifische Karrierewege für Experten und strategische Personalplanungsinitiativen zu entwickeln. Angesichts sich rasch entwickelnder Technologien ist zudem eine kontinuierliche Fähigkeitsverbesserung von größter Bedeutung. Top-Tech-Unternehmen geben beispielsweise den Mitarbeitern jede Woche Zeit, um sich eigens ausgewählten Nebenprojekten und Expertenkreisen zu widmen. Diese Praxis fördert nicht nur Innovation, sondern pflegt auch eine Kultur des ständigen Lernens und der Auseinandersetzung mit vielfältigen technischen Alternativen.

Durch den hohen Wettbewerb um wenige Top-Talente müssen Zulieferer über die klassischen Recruiting-Kanäle hinausdenken, um neue Mitarbeiter zu gewinnen. Dies beinhaltet alternative Talentpools wie Coding-Bootcamps, Top-Committer zu Open-Source-Projekten und Hackathons. Zudem muss die Möglichkeit geschaffen werden, dass Top-Entwickler auch Top-Gehälter verdienen können, ohne dabei zwangsläufig in die Management-Karriere gedrückt zu werden.

Schließlich ist es entscheidend, eine Arbeitsumgebung zu schaffen, die die „Developer Experience“ priorisiert, zum Beispiel durch Zugang zu modernsten Technologien und eine kollaborative Kultur und flachere Entscheidungshierarchien, um einen attraktiven Arbeitsplatz für neue und bestehende Mitarbeiter zu bieten.

3. Führung

Die Organisation der Softwareentwicklung in agilen Teams ist heutzutage Standard. Aber während auf der operativen Ebene in neuen Strukturen Software entwickelt wird, haben Führungskräfte häufig Probleme, diese Teams zu nachhaltigen Erfolgen zu führen. Viele von ihnen waren erfolgreich in der klassischen Hardwareentwicklung und stehen nun vor der Herausforderung, ihren Führungsstil anzupassen und sich weiterzuentwickeln. Software-Führungskräfte sollten deswegen die nachfolgenden Stellhebel in der Mitarbeiterführung beherzigen.

Zunächst benötigen Führungskräfte die Beurteilungskompetenz, um Softwareprojekte bewerten und steuern zu können. Dies ist die Grundlage für effektive und effiziente Entscheidungen unter Berücksichtigung von technischen, kommerziellen und strategischen Aspekten. Aktuelle Trends zu „Code-first“ oder „Everything-as-code“ verstärken diese Anforderung.

Zudem müssen Führungskräfte bereit sein, Entscheidungen im Alltagsgeschäft in den agilen Projektteams zu belassen. Zum Beispiel sollte die kurzzyklische Repriorisierung von Features innerhalb eines definierten Rahmens den Teams überlassen werden, um den besten Output sicherzustellen. Da Softwareentwicklung im Vergleich zu Hardwareentwicklung dynamischer abläuft, führt eine starre Steuerung gegen ursprünglich definierte Spezifikationen und Meilensteinplänen selten zu erfolgreichen Produkten. Führungskräfte sollten ihre Teams vielmehr anleiten, zunächst lieferfähige Softwarestände zu generieren, die den minimalen Kundenanforderungen und der Regulatorik entsprechen. Erweiterungen können in der Software über kontinuierliche Over-the-Air-Updates bereitgestellt werden.   

Zuletzt sollten sich Führungskräfte als Brückenbauer und Systemintegratoren zwischen der Software- und Hardwareentwicklung verstehen. Sie sollten Fragestellungen klären wie: Welche Softwareanforderungen müssen wirklich definiert sein bei der Festlegung der Hardware (meist lange Zeit bevor die erste Zeile Code geschrieben wird)? Was sind die kritischen Meilensteine, die bereits früh mit ersten Softwareständen versorgt werden müssen? Oder: Wie können Software- und Hardwareteams besser zusammenarbeiten? Die reibungsarme Synchronisation von langzyklischer Hardwareentwicklung und kurzzyklischer Softwareentwicklung wird zunehmend zu einer erfolgskritischen Aufgabe, die Führungskräfte steuern müssen.

Zeit zu handeln

Softwareprojekte, die aus dem Ruder laufen, sind in der Automobilindustrie heute keine Seltenheit und können signifikanten finanziellen Schaden verursachen. Neben den strukturellen Hebeln wie der Standardisierung von Prozessen, Methoden und Tools werden die richtigen internen und externen Capabilities benötigt. Führungskräfte – heute häufig mit hardwarelastigem Hintergrund – müssen ihre Führungspraxis auf die softwarespezifischen Anforderungen anpassen.

Durch den zunehmenden Trend hin zum Software Defined Vehicle müssen Zulieferer jetzt handeln, um ihre Zukunftsfähigkeit zu sichern.

Autoren
Christian Grimmelt

Partner

Sebastian Böswald

Associate Partner

Sebastian Bräuer

Associate Partner

Altan Yamak

Associate Partner

Christian Grimmelt

Christian Grimmelt (1985) ist seit Februar 2021 fester Bestandteil des Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) Teams. Zuvor hat er bereits umfangreiche Berufserfahrung in Topmanagementberatungen und in der Automobil-Zuliefererbranche gesammelt.

Während seiner Zeit bei dem weltweit größten Automobil-Zulieferer hat er den Aufbau einer Zentraleinheit zur Optimierung des weltweiten Logistik- und Produktionsnetzwerkes des Unternehmens vorangetrieben.

Christian Grimmelts Beratungsschwerpunkte sind die Themen Logistik- und Produktionsnetzwerkoptimierung, Einkauf und (digital) Operations inklusive Anlauf- und Turnaround-Management für OEMs und insbesondere Zulieferer.

Christian Grimmelt besitzt ein Diplom für Wirtschaftsingenieurwesen vom Karlsruher Institut für Technologie.

Sebastian Bräuer
Sebastian Bräuer (1982) verstärkt Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) seit 2022 als Associate Partner. Er startete seine Karriere in der Beratung und leitete Projekte mit Fokus auf Operational Excellence vorrangig in der Automobilindustrie, jedoch auch im Konsumgüterbereich und der Chemieindustrie. Anschließend wechselte er zu einem deutschen OEM, bei dem er Führungsrollen in der Organisationsentwicklung, der Entwicklung digitaler Produkte und Services sowie der digitalen Produktstrategie übernahm. Bei Berylls fokussiert er auf Themen rund um das Digital Car.
Sebastian schloss den Diplom-Wirtschaftsingenieur an der Technischen Universität Dresden ab.
Sebastian Böswald

Sebastian Böswald (1991) kam im April 2021 zu Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors). Er ist Associate Partner und ein Experte für Transformation und Betrieb. In den letzten zehn Jahren hat er sich auf Strategie und Organisationsdesign sowie auf zwei Megatrends konzentriert, die die Automobilindustrie prägen: Software-definierte Fahrzeuge und CASE (Connected, Autonomous, Shared und Electrified Mobility). In diesen Bereichen hat er sowohl unsere globalen OEM-Kunden als auch Tier-1-Zulieferer und Technologieunternehmen beraten.

Bevor er zu Berylls kam, arbeitete er für PwC Strategy& und begann seine Karriere bei BMW als Projektmanager für Produktstrategie und digitale Ladedienste.

Er erwarb einen Bachelor of Science in Automobilinformatik an der Technischen Universität Ingolstadt sowie einen Master of Science in Management an der Technischen Universität München.

Automobilzulieferer schließen Standorte in Europa und fokussieren sich auf Elektromobilität

München, August 2024

Automobilzulieferer schließen Standorte in Europa und fokussieren sich auf Elektromobilität

München, August 2024
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m Jahr 2023 betrug der Anteil Deutschlands an der globalen Fahrzeugproduktion rund 4,8 % und es wird erwartet, dass dieser Anteil bis 2030 auf 5,4 % ansteigen wird.

Aber auch in China und den USA geht man von einem Wachstum der Produktion bis 2030 aus. Für die Zulieferer stellt sich daher die Frage, wie sie am Wachstum partizipieren können und ob sie dafür ihre Fokustechnologien wie auch die geografische Lage ihrer Produktionsstandorte anpassen müssen.

Wachstum in China, den USA und Mexiko, Standortschließungen in Deutschland

Betrachtet man die prognostizierten Standortentwicklungen der weltweiten TOP-20-Automobilzulieferer, ergibt sich auf den ersten Blick ein positiver Trend: Zwischen Januar 2022 und Februar 2024 wurden von ihnen deutlich mehr Erweiterungen und Neueröffnungen als Schließungen und Veräußerungen von Standorten angekündigt (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern weltweit
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024

Quelle: Berylls by AlixPartners

Dies gilt jedoch nicht für alle Länder gleichermaßen, insbesondere nicht für den Standort Deutschland: Hier überwiegen die Verkäufe und Schließungen (siehe Abbildung 2) sowie eine Verlagerung in andere Regionen, so zum Beispiel bei Continental: Das Werk Babenhausen wird bis 2028 geschlossen, Teile der dortigen Produktion sind bereits nach Osteuropa verlagert und das Werk in Gifhorn wird bis Ende 2027 aufgrund fehlender Rentabilität komplett geschlossen.

Abbildung 2: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern in ausgewählten Ländern
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024

Quelle: Berylls by AlixPartners

Auch in den USA stehen sehr viele Werksverkäufe und -schließungen an. Hier zeichnet sich im Gegensatz zu Deutschland jedoch keine strukturelle Abwanderung ab, da die Werksschließungen von einer deutlich höheren Anzahl Neueröffnungen und Erweiterungen bestehender Kapazitäten überkompensiert werden. Ein wesentlicher Wachstumstreiber in den USA ist die Elektromobilität (Abbildung 3) – der Inflation Reduction Act hat das Potenzial, diese Dynamik weiter zu verstärken. Zu den Gewinnern bei Neueröffnungen und Erweiterungen zählen neben den USA auch Japan, Kanada, Ungarn und insbesondere China (Abbildung 2).

In China wird das mit Abstand größte Wachstum erwartet – wie in den USA dominieren auch hier mit über 40 % ganz eindeutig Investitionen in die Fertigung von Elektro-Antriebssträngen. Dabei spielen deutsche Unternehmen eine maßgebliche Rolle, sie stehen hinter fast 40 % der genannten Investitionen in China – und sind damit für mehr Investitionen vor Ort verantwortlich als chinesische TOP-20 Zulieferer.

Abbildung 3: Anzahl der geplanten Standortveränderungen bei den TOP 20-Automobilzulieferern in ausgewählten Commodities
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024

Quelle: Berylls by AlixPartners

In Mexiko spezialisieren sich die investierenden Unternehmen auf die Themen Elektrik und Elektronik. Rund 40 % der lokalen Investitionen entfallen auf diesen Bereich, wie durch die Erweiterung von drei Aptiv-Standorten zur Erhöhung der Produktionskapazitäten z.B. für Niederspannungs-Kabelbäume.

Chinesische und US-Unternehmen investieren primär in den Heimatmärkten

Neben den Trends E-Mobilität und Wachstum in China fällt bei den geplanten Investitionen der Trend „home country first“ stark ins Auge (Abbildung 4): US-Unternehmen fokussieren sich primär auf den amerikanischen Heimatmarkt und deutlich weniger auf Asien oder Europa. Auch chinesische Unternehmen verfolgen diese Strategie und konzentrieren sich bei ihren Investitionen sehr deutlich auf den Heimatmarkt. Vor dem Hintergrund des kürzlich beschlossenen 100%igen Importzolls auf chinesische Elektrofahrzeuge in den USA ist dies ein deutliches Signal für die zunehmende Abschottung der beiden Märkte, was sich auch in den Investitionen der betrachteten Zulieferer widerspiegelt.

Abbildung 4: Prozentualer Anteil der Investitionsschwerpunkte der TOP 20-Automobilzulieferer in ausgewählten Ländern
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024

Deutsche Unternehmen hingegen zeigen wenig Interesse an neuen Standorten im eigenen Land – obwohl sie mit 27 % für den größten Anteil der Investitionen unter den TOP-20-Automobilzulieferern verantwortlich sind. BOSCH investiert in neue Werke in China, um die Produktionskapazitäten für E-Powertrain-Komponenten zu erhöhen, und ZF Friedrichshafen investiert 500 Mio. USD in den bestehenden Standort Gray Court, South Carolina, um dort gleichzeitig konventionelle wie auch elektrifizierte Antriebssysteme produzieren zu können.

Standorte in Deutschland werden geschlossen – aber deutsche Zulieferer sind führend im Aufbau neuer Produktionskapazitäten

Unter dem Strich ist der Blick in die Zukunft aus deutscher Perspektive ambivalent: Es wird eine deutliche Konsolidierung der Standorte von Automobilzulieferern in Deutschland geben – die Expansionen zur Ermöglichung der E-Mobilitäts-Transformation finden maßgeblich in den USA und China statt. Eine Entwicklung, von der die deutschen Zulieferer aber indirekt auch profitieren, denn sie sind in diesen relevanten Wachstumsmärkten weiterhin stark vertreten – und können ihre Position dort sogar ausbauen.

Für global agierende Automobilzulieferer lohnt es sich, ihre Präsenz in Wachstumsmärkten wie den USA und China zu festigen, denn damit stellen sie die Einhaltung lokaler Standards sicher und vermeiden hohe Logistikkosten oder sich abzeichnende Importzölle und es kann auf kritische Tier-n-Zulieferer und deren Ressourcen zurückgegriffen werden.

Abbildung 5: Prozentualer Anteil der Herkunftsländer von Investitionen der TOP 20-Automobilzulieferer und Zielland der geplanten Investitionen
Angekündigter Zeitraum der geplanten Standortveränderungen: Januar 2022 bis Februar 2024

Quelle: Berylls by AlixPartners

Autoren
Dr. Alexander TImmer

Partner

Christian Grimmelt

Partner

Stefan Schneeberger

Associate Partner

Andreas Maihöfner

Project Manager

Alexander van Woudenberg

Project Manager

Dr. Alexander Timmer

Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.

Christian Grimmelt

Christian Grimmelt (1985) ist seit Februar 2021 fester Bestandteil des Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) Teams. Zuvor hat er bereits umfangreiche Berufserfahrung in Topmanagementberatungen und in der Automobil-Zuliefererbranche gesammelt.

Während seiner Zeit bei dem weltweit größten Automobil-Zulieferer hat er den Aufbau einer Zentraleinheit zur Optimierung des weltweiten Logistik- und Produktionsnetzwerkes des Unternehmens vorangetrieben.

Christian Grimmelts Beratungsschwerpunkte sind die Themen Logistik- und Produktionsnetzwerkoptimierung, Einkauf und (digital) Operations inklusive Anlauf- und Turnaround-Management für OEMs und insbesondere Zulieferer.

Christian Grimmelt besitzt ein Diplom für Wirtschaftsingenieurwesen vom Karlsruher Institut für Technologie.

Berylls by AlixPartners TOP 100 Zuliefererstudie 2024

München, August 2024

Berylls by AlixPartners TOP 100 Zuliefererstudie 2024

München, August 2024
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is 2020 war die Zuliefererindustrie ein Garant für stabile Marktentwicklungen und stetiges Wachstum. 

Seit 2020 hat sich das Blatt gewendet. Langfristig sicher geglaubte Trends müssen kurzfristig überdacht werden und durch neue Veränderungen ersetzt werden. Diese Ungewissheit ist bis heute, und wird voraussichtlich auch für die unvorhersehbare Zukunft, das neue Normal sein, mit der sich Geschäftsführer und Entscheider arrangieren müssen. Dies scheint den Zulieferern immer besser zu gelingen. 

Jetzt die vollständige Studie downloaden.

Sollten Sie Fragen zur Zuliefererstudie 2024 haben, melden Sie sich gerne bei uns!

Berylls Insight
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M&A Service Offering

Munich, Juli 2024

M&A Service Offering

Munich, Juli 2024
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Hintergründe für den Erfolg chinesischer Hersteller

München, August 2024

Hintergründe für den Erfolg chinesischer Hersteller

München, August 2024
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023 war ein erfolgreiches Jahr für den Automarkt China. Insgesamt wurden in 2023 21,9 Millionen Einheiten PKW abgesetzt (nur Inlandsverkäufe ohne Export), eine Zunahme von 4,3 % gegenüber 2022.

Wie in den letzten Jahren verdrängten EV (in China als NEV bezeichnet, äquivalent zu xEV) Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – und ihr Anteil wuchs weiter auf ca. 36 % des Gesamtmarktes, eine Steigerung von 33 % YoY (Abbildung 1).

Abbildung 1: Die Zahl der NEVs steigt seit geraumer Zeit

Quelle: Berylls by AlixPartners, CAAM, CPCA

Beim Blick auf den heimischen Markt wird deutlich, dass die chinesischen Spieler wie in den letzten Jahren weiterhin dominieren. Besonders für batterieelektrische Fahrzeuge (EV), hervorzuheben sind BYD (2,7 Millionen verkaufte Einheiten), GAC Aion (483.000 verkaufte Einheiten), Geely (469.000 verkaufte Einheiten), Chang’An (385.000 verkaufte Einheiten), Li Auto (376.000 verkaufte Einheiten) und NIO (160.000 verkaufte Einheiten). Unter den Top 10 der bestverkauften EV-Marken finden sich nur chinesische Hersteller, mit einer Ausnahme: Tesla mit 604.000 verkauften Einheiten in 2023 (Abbildung 2).

Abbildung 2: Der chinesischer NEV-Markt wird überwiegend von lokalen Anbietern beherrscht

Quelle: Berylls by AlixPartners, CPCA

Gleichzeitig lässt sich der Erfolg chinesischer OEMs auch im Ausland sehen. Das Exportvolumen der chinesischen OEMs hat in den letzten Jahren für beide Antriebsarten massiv zugenommen. Das gesamte Exportvolumen ist seit 2020 um > 400 % gestiegen und hatte im Jahr 2023 ein sehr starkes Wachstum von 65,3 % YoY. Während der Trend in beiden Segmenten zu sehen ist, ist das Exportvolumen für Elektrofahrzeuge noch stärker gewachsen als für konventionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor – so hat sich zum Beispiel der Absatz von Elektrofahrzeugen in China seit 2018 mehr als verzehnfacht (2018: 140.000, 2023: 1,68 Millionen, in verkauften Einheiten). Obwohl sich die chinesischen Hersteller in den etablierten westlichen Märkten wie Westeuropa noch nicht durchgesetzt haben, zeigen sich die chinesischen OEMs aber dazu entschlossen. Es ist daher zu erwarten, dass man in Zukunft mehr Aktivitäten der chinesischen OEMs in solchen Märkten sehen wird (Abbildung 3).

Abbildung 3: Gleichzeitig haben die Aktivitäten in Übersee massiv zugenommen

Quelle: Berylls by AlixPartners, CPCA, Press

Wie kommt es zu dieser Entwicklung? Hierfür gibt es verschiedene Gründe. Der erste Grund ist die Akzeptanz von EV bei chinesischen Konsumenten. Trotz der Abwesenheit von Käufer-Incentivierung beziehungsweise „Geld im Kofferraum“ vom Staat greift ein Großteil der chinesischen Konsumenten zu EV. Eine Berylls Untersuchung (mit über 1.000 Probanden) zeigt, dass 56 % der Fahrzeugbesitzer beziehungsweise 42 % der first-time buyer bei der Wahl des nächsten Autos zu einem EV greifen würden. Gleichzeitig fällt die Wahl überwiegend auf chinesische Marken (bezogen auf EV), mit jeweils 46 % bei den car owner und 61 % bei den first-time buyer. Im direkten Vergleich würden sich nur 32 % (car owner) beziehungsweise 23 % (first-time buyer) für EV deutscher Marken entscheiden!

Dies hängt mit Grund 2 zusammen: Die Anzahl der chinesischen Marken hat in den letzten Jahren stark zugenommen und gleichzeitig sind chinesische Fabrikate vergleichsweise „besser“ als ihre ausländischen JV-Wettbewerber. „Besser“ heißt hier: Der Kunde bekommt mehr (Funktionen und Technik) für weniger Geld.

Und ein geringerer Preis ist der dritte Grund. In 2024 fand eine beispiellose Rabattschlacht statt. Angetrieben von Preissenkungen von Tesla beim Model 3 und Model Y, senkten chinesische OEMs ihre Preise deutlich. Auch ausländische OEMs/JV zogen nach, wie man am Beispiel des ID.3 von SAIC-VW deutlich sehen kann. Auch ICE sind hiervon betroffen, so startet der FAW-Audi A4L bereits bei weniger als 30.000 EUR.

Abbildung 4: Preiserosionen werden auch 2024 das beherrschende Thema sein

Quelle: Berylls by AlixPartners

Die Schlüsselerkenntnis ist hier, dass sich die Preise massiv nach unten verschoben haben, es aber auch keine Erholung von Preissenkungen geben wird und die Autos auch nicht plötzlich teurer werden, nur weil sie besser ausgestattet sind.

Ganz im Gegenteil, es findet ein „Tech Overload“ statt – Ausstattungen, die in Deutschland nur im Premium-Segment zu finden sind, werden beziehungsweise sind bereits Standardausstattung von Volumina-Fahrzeugen in China. Dies betrifft insbesondere Smart Cockpit (ein Sammelbegriff für Connectivity beziehungsweise Infotainment) und AD/ADAS. Es ist ein Rennen um KPIs, bei dem sich OEMs bei Dingen überbieten wie: E-Reichweite, Ladedauer, Anzahl und Auflösung von Kameras (Stichwort: LiDAR, Millimeter-wave-Kameras), Rechenperformance („TOPS“), Chips (zum Beispiel Nvidia Orin X, Qualcomm Snapdragon 8295), ADAS-Funktionen (Stichwort: NOA, NGP) und mehr. Allerdings hören chinesische OEMs nicht bei „Funktionen“ auf, sondern nehmen nun auch die Fahreigenschaften in den Fokus. Um den Kunden einen Mehrwert für ihr Geld zu bieten, finden auch Dinge wie CDC und Rear Wheel Steering langsame Verbreitung in Standardfahrzeugen.

Abbildung 5: Die Ausgangsbasis hat sich verschoben

Quelle: Berylls by AlixPartners

  • Während Preise nach unten fallen, ist ein “Rennen um Funktionen” entbrannt, insb. Im Premium Segment
  • Chinesische OEMs packen ihre Fahrzeuge voll mit Tech auf HW- und SW-Seite und wetteifern um “KPIs”

 

Typische KPIs sind:

  • Smart Cockpit – Anzahl und Aufbau von Displays (z.B. drehbar), Intelligenz von KI-Assistenten, z.B. 4 Zonen Voice Control, OTA …
  • E-Antriebsstrang – E-Reichweite (geht in Richtung >1,000 km), Ladegeschwindigkeiten, Energiegehalt Batterie, Leistung E-Motor…
  • AD/ADAS – AD Level, ADAS Funktionen, z.B. NOA, NGP, Anzahl und Spec von Sensoren, z.B. LiDAR, Millimeterwelle Radar, 360° Kamera, Anzahl Megapixeln, Rechenleistung (gerechnet in TOPS) …
  • Interieur und Komfort – „Null-Gravitation“ Sitze, „Wohnzimmer“ Elemente, z.b. Kühlschrank, Fahrwerkkomponenten, z.B. CDC, Hinterradlenkung

Zusammengefasst: Autos in China bekommen immer mehr Funktionen, während sie immer billiger werden. Mehr Funktionen und günstigerer Preis –  zwei Entwicklungen, die in China Hand in Hand gehen.

Ausblick

In 2024 geht die Pricing-Schlacht mit unverminderter Härte weiter. Bis auf ganz wenige Ausnahmen wird kein OEM in 2024 profitabel sein. Es ist davon auszugehen, dass einige einheimische OEMs dieses Jahr „verschwinden“ werden, auch die aktuellen Platzhirsche sind nicht gegen diese Gefahr gefeit. Jedoch ist das kein Grund zum Jubeln für ausländische/JV OEMs. Volumina, die mit einem lokalen OEM verschwinden, tauchen bei einem anderen lokalen OEM wieder auf. Gleichzeitig gewinnen lokale OEMs sukzessiv Marktanteile von ausländischen/JV OEMs, eine Entwicklung, die in nahezu allen Segmenten zu beobachten ist.

Implikation für deutsche Zulieferer

Um diese abzuleiten, müssen wir zuerst die Strategien der Hersteller verstehen. Diese werden viel stringenter auf Kosten achten, sehr zu Lasten von Zulieferern, wobei die Härte der ausländischen/JV OEMs sicherlich nicht mit der der lokalen chinesischen OEMs verglichen werden kann. Zusätzlich werden ausländische/JV OEMs mehr und mehr ihre Entwicklungsaktivitäten nach China verlagern. Gleichzeitig entsteht gerade eine große chinesische Zuliefererlandschaft, insbesondere in den Bereichen E-Powertrain, Smart Cockpit und AD/ADAS.

Für deutsche Zulieferer bedeutet das:

1. Profitabilitäts- und Cashflow-Druck, weil alle OEMs ihre eigenen Kosten optimieren werden, das heißt, alle OEMs, egal welcher Herkunft, werden sukzessiv mehr rein chinesische Zulieferer onboarden. Zum Vergleich: Lokale Spieler haben teilweise 80 % bis 90 % rein chinesische Komponenten.

2. Investitionsdruck, da die Verlagerung von OEM-Entwicklungsaktivitäten (westlicher OEMs/JV) nach China einen Nachzug auf Zuliefererseite bedeutet. Es müssen lokale Kapazitäten und Fähigkeiten aufgebaut werden.

3. Marktanteilsdruck, da chinesische Zulieferer diverse Domänen bereits dominieren, unter anderem Smart Cockpit, Batterie und AD/ADAS, und in anderen Bereichen stark expandieren. Wie schon in a) angedeutet, gibt es wenige Domänen, die noch von deutschen Zulieferern beherrscht werden, man denke an Chassis. Auch in diesen Domänen greifen chinesische Zulieferer an, zum Beispiel durch aggressives Pricing, jedoch bei vergleichbarer Qualität und vergleichbaren Funktionen.

Strategische Leitplanken für deutsche Zulieferer

Die Kernaktivität deutscher Zulieferer muss Kostenkontrolle sein. Es geht darum, die eigenen Supply-Chain- (inkl. Materialkosten) sowie Overhead Kosten anteilig zu verringern. Anteilig deswegen, da Zulieferer investieren müssen, um den gesteigerten lokalen Kundenanforderungen zu entsprechen. Hierzu gehören Dinge wie: strenge Kosten und insbesondere Cash-Disziplin, Auswahl neuer Sublieferanten und vor allem Kostenbeherrschung im Produktentstehungsprozess.

Gleichzeitig gilt es weiterhin innovativ zu bleiben, das heißt, Produkte zu günstigeren Preisen anzubieten. Ohne Innovationen und die daraus entstehenden differenzierenden Vorteile (wohlgemerkt: bei ähnlichem Pricing Level) greifen OEMs direkt zu chinesischen Lieferanten. Wie bereits dargestellt, müssen sich OEMs im Bereich Technologie übertrumpfen, um am Markt bestehen zu können – somit müssten alle Zulieferer mitziehen.

Hierbei ist allerdings zu beachten, dass Zulieferer agil bleiben müssen, vor allem aufgrund sich verändernden OEM-Anforderungen. Ein exemplarisches Beispiel macht dies deutlich: XPeng P5 war der Startschuss von LiDAR bei seinem Launch 2021. Stand heute haben sämtliche chinesische OEMs bei LiDAR nachgezogen, unter anderem NIO, Li Auto, AITO, Luxeed, AVATR etc. – der LiDAR „Knubbel“ oberhalb der Frontschutzscheibe ist mittlerweile Standard. Eine sehr rigide Technologie Roadmap würde solch raschen Änderungen nicht erlauben, denn diese Agilität auf OEM-Seite muss auf Zulieferer widergespiegelt werden können.

Zuletzt sollten westliche Zulieferer M&A in Betracht ziehen und Teilverkäufe ins Auge fassen. Insbesondere gilt es Bereiche zu eliminieren, die wenig wettbewerbsfähig sind, oder der Wettbewerb so intensiv ist, dass ein Weiterbetrieb nicht weiter sinnvoll erscheint. Darüber hinaus könnten Kooperationen mit chinesischen Unternehmen eingegangen werden, um das Wissen über Themen, wie Connectivity, zu teilen. Die Entscheidung gilt aber individuell je Unternehmen zu bewerten und zu treffen.

Autor
Willy Wang

Associate Partner

Willy Wang

Willy Lu Wang (1981) verstärkt seit 2017 das Berylls-Team. Er begann seine berufliche Laufbahn im Traineeprogramm von Audi, mit Fokus auf Produktionsplanung. Nach anschließenden Stationen bei einer großen Strategieberatung und als Leiter Strategie bei einem deutschen Tier-1 Zulieferer, leitet er nun das China Geschäft bei Berylls. Sein Beratungsfokus liegt auf der Unterstützung aller Kunden in China, seien es JVs, WOFE oder rein lokale Spieler. Zusätzlich leitet er die Entwicklung von AI und Big Data Produkten für den chinesischen Markt, um so die Berylls End-to-End Strategie- und Produktentwicklungsfähigkeiten weiter zu stärken.

Die Stimmung trübt sich ein – Zulieferer verlieren ihren Optimismus bezüglich Elektromobilität

München, Juli 2024

Die Stimmung trübt sich ein - Zulieferer verlieren ihren Optimismus bezüglich Elektromobilität

München, Juli 2024
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lickt man aktuell auf die Schlagzeilen rund um die Elektromobilität, sind diese vor allem negativ geprägt: Autovermieter wie Sixt und Hertz reduzieren den Anteil an Elektrofahrzeugen in ihren Flotten, Audi will weniger Elektromodelle auf den Markt bringen, Mercedes stoppt eine komplette E-Plattform.

Wo man auch hinsieht, die Euphorie bei der Elektromobilität klingt ab. Denn es gibt noch zu viele Hürden, als dass sich die Elektromobilität in der Breite durchsetzen kann. Dazu zählen unter anderem unsichere Restwerte, eine teils unzureichende Ladeinfrastruktur und vergleichsweise hohe Preise beziehungsweise Aufschläge im Vergleich zu Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Diese Ernüchterung ist zwar keine Abkehr vom eingeschlagenen Kurs in Richtung Elektromobilität, jedoch zumindest eine weitere Abschwächung der Geschwindigkeit und damit eine Verschiebung auf der Zeitachse.

Für die Zulieferer, die ohnehin schon mit vielfältigen Herausforderungen (zum Beispiel geringen Volumina, schnellen Innovationszyklen, niedrigen Margen) kämpfen, kommt diese Entwicklung zur Unzeit. Denn war die Stimmung bei den Zulieferern in Bezug auf die Elektromobilität im letzten Jahr noch sehr optimistisch (wenn nicht zu optimistisch), so hat sich diese gemäß diesjährigem Berylls Supplier Executive E-Mobility Survey 2024 merklich abgekühlt.

Zulieferer blicken weniger optimistisch in die elektrische Zukunft

Dass der eingeschlagene Kurs der Elektromobilität weiterhin Bestand hat, zeigt sich auch in den Befragungsergebnissen. Hängen heute noch 70 % der Zulieferer mindestens zu einem Viertel ihres Umsatzes vom Verbrenner ab, erwarten dies in fünf Jahren nur noch 55 %. Dabei sieht mit 69 % die große Mehrheit der Befragten die Elektromobilität als Chance für ihr Unternehmen – verglichen mit dem Vorjahreswert von 77 % zeigt sich aber eine deutlich trübere Stimmung. Dies ist nicht weiter verwunderlich angesichts verschärfter Marktbedingungen, die sich auch in der Erwartung zum Einfluss auf den Umsatz in den nächsten fünf Jahren zeigt. Gingen im letzten Jahr noch 75 % von einer Verbesserung aus, sind es in diesem Jahr nur noch 55 %. Dasselbe gilt auch für die Marge: Hier haben im letzten Jahr noch 43 % mit einem positiven Einfluss in fünf Jahren durch die Elektromobilität gerechnet, wohingegen 2024 nur noch 25 % höhere Margen erwarten.

Ausgewählte Ergebnisse E-Mobility Supplier Survey 2023 & 2024

Quelle: Berylls by AlixPartners

Strategische Pattsituation

Zulieferer sind dabei oftmals in einer schwierigen Situation. Wollen sie Marktanteile halten oder erobern, so fühlen sie sich gezwungen, das zügige Tempo der technologischen Entwicklung mitzugehen oder gar anzutreiben. Dabei zahlt sich die Innovation jedoch häufig nicht über hohe Margen aus. Schließlich sorgen zahlreiche Wettbewerber für einen enorm umkämpften Markt mit niedrigem Preis- respektive Margenniveau. Die Zulieferer sind dabei in einem gefährlichen Teufelskreis gefangen. Nur wenn sie mehr verkaufen, gibt es eine Chance auf Rentabilität durch Skaleneffekte. Gleichzeitig bedeutet ein Mehrverkauf der häufig defizitären Komponenten für die Elektromobilität eine Verschlechterung der Gesamtmarge beziehungsweise das Erfordernis von Subvention durch das übrige Geschäft.

Divestment oder fokussiertes Wachstum

Auch wenn die überwältigende Mehrheit der befragten Zulieferer (86 %) zufrieden ist mit ihrer Elektromobilitätsstrategie, so lässt sich auch hier ein eher zu optimistischer Blick vermuten angesichts der beschriebenen weiteren Verschärfungen der Situation. In jedem Fall gilt es für die Zulieferer, das Elektromobilitätsgeschäft kritisch zu beleuchten und in vielen Fällen auch gezielt das ökonomische Rational auf den Prüfstand zu stellen. Hierbei sollte es auch keine Tabus geben respektive sollten Divestments auch eine Option sein, die bewertet werden kann oder in vielen Fällen gar muss. Große Tier-1-Zulieferer haben es zuletzt vorgemacht und sich aus Komponenten wie Batteriepacks, Elektromotoren, Leistungselektronik oder Batterie-Management-Systemen zurückgezogen. Dabei konnte trotz vermeintlich attraktiver Marktgröße und -wachstum auf absehbare Zeit kein positives Ergebnis erwartet werden, womit Renditeansprüche nicht zu erfüllen und Kapitalallokationen nicht zu rechtfertigen waren.

Stehen die Zeichen auf Verbleib, so muss die Innovationsstrategie vor dem Hintergrund kürzer Innovationszyklen mit oftmals fehlender Rentabilität grundlegend hinterfragt werden. Ferner gilt es, Anläufe effizient und fehlerfrei zu organisieren, fehlende Abrufe unmittelbar bei den OEMs zu „claimen“ und eine gut durchdachte Wettbewerbspositionierung zu definieren. Auch eine hohe Flexibilität und teilweise Technologieoffenheit sollten elementare Themen in der Strategie sein. Schließlich schwenken zahlreiche OEMs aktuell auf das Modell der Technologieoffenheit um, analog zu BMW. Damit einhergehend werden beispielsweise Motorenprogramme verlängert, was wiederum denjenigen Zulieferern zugutekommt, die in diesen Bereichen noch aktiv sind. Hier merken OEMs bereits, dass ihre ehemalige Lieferantenbasis in den verbrennerabhängigen Komponenten geschrumpft ist und Zugeständnisse bei Preisen gemacht werden müssen.

Fest steht: Das Elektromobilitätsgeschäft ist und bleibt anspruchsvoll und braucht vielfach noch Subvention von anderen Geschäftsbereichen, ehe es langfristig zu einem attraktiven Geschäft werden wird. Zulieferer müssen sich aktuell mehr denn je die Frage stellen, wie sie sich zu und in diesem hart umkämpften Markt positionieren wollen.

Autor
Dr. Jürgen Simon

Associate Partner

Dr. Jürgen Simon

Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.

Relevanz von erfolgreichem Claim-Management in Krisenjahren

München, Juli 2024

Relevanz von erfolgreichem Claim-Management in Krisenjahren

München, Juli 2024
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OVID-19-Pandemie, Lieferengpässe, Ukraine-Krieg und Inflation – die Krisen der letzten Jahre haben auch die Automobilindustrie vor Herausforderungen in Form von steigenden Zinsen, hohen Energiekosten und volatilen Rohstoffpreisen gestellt und tun dies nach wie vor.

Zusätzlich wird vonseiten der Hersteller, durch den zunehmenden Preiswettbewerb, Druck auf die Zulieferer ausgeübt, was zum einen die Umsatz- und Profitabilitätssituation weiter verschärft und zum anderen bei vielen Zulieferern bereits zu massivem Stellenabbau geführt hat. Unter den TOP-100-Zulieferern weltweit lässt sich ein Margenrückgang von 8,3 % im Jahr 2017 auf circa 6 % im Jahr 2023 beobachten.

Zulieferer hatten im Jahr 2023 mit signifikanten Kostensteigerungen zu kämpfen. Das ergab eine Expertenbefragung, an der deutsche Vertreter von mittelständischen bis hin zu den größten globalen Zulieferern teilnahmen. Etwa 76 % der Befragten gaben dabei an, dass die Kosten um mehr als 5 % gestiegen seien (7,9 % im Durchschnitt). Als Gründe dafür wurden hauptsächlich höhere Material-, Lohn- und Energiekosten genannt. Für das Jahr 2024 rechnet die Mehrheit der befragten Experten damit, dass sich die Entwicklung von zuletzt rückläufigen Erzeugerpreisen fortsetzt und zu geringeren Kostenanstiegen als noch im Vorjahr führen wird. So erwarten nur noch knapp 30 % der Experten einen Kostenanstieg von mehr als 5 % bei durchschnittlich 4,2 % im Jahr 2024.

Um dem Anstieg der Kosten und dem in 2024 weiter steigenden Druck der OEMs entgegenzuwirken, reichen Maßnahmen auf der Kostenseite der Zulieferer allein nicht aus. Forderungen aus Kostenanstiegen, Volumenschwankungen etc. müssen systematisch identifiziert und umgesetzt werden. Dieses sogenannte Claim-Management birgt großes Umsatz- und Ergebnispotential.

Tatsächlicher Kostenanstieg 2023 und erwarteter Kostenanstieg 2024 im Vergleich zum Vorjahr

Quelle: Berylls by AlixPartners

Während im Jahr 2023 noch 38 % aller Befragten mehr als 75 % des Kostenanstiegs durch Claims deckten, hat sich der Ausblick und die Zuversicht für das erfolgreiche Management von Kostenanstiegen durch Claims für das Jahr 2024 verschlechtert. So erwarten nur noch 19 % der Zulieferer, mehr als 75 % des Anstiegs durch Claims an die OEMs weitergeben zu können. Die Mehrheit rechnet mit weniger als 50 % erfolgreichen Claims.

Diese Entwicklung verleitet zu einem Gedankenspiel hinsichtlich der Relevanz von erfolgreichem Claim-Management. Unternehmen mit einem herausragenden Claim-Management können nach Berylls Expertenmeinung bis zu 15 % ihres Umsatzes über Claims realisieren. Stellen wir uns nun einen Zulieferer mit einem jährlichen Gesamtumsatz von 1 Milliarde Euro, 6 % Gewinnmarge und einer Claim-Realisation von 100 % vor. Basierend auf diesen Werten werden 150 Millionen Euro seines Umsatzes durch Claims erzielt. Fällt die Claim-Quote nun auf 50 %, entspricht dies einem Umsatzrückgang von 75 Millionen Euro. Bei gleichbleibenden Kosten reduziert sich in diesem Fall die Gewinnmarge auf –1,5 % und ist somit im Verlustbereich. Für das Unternehmensergebnis ist ein wirksames Claim-Management also überaus relevant. Ein von den Experten für 2024 erwarteter Rückgang der Realisierung von Claims kann für den einzelnen Zulieferer dramatische Folgen haben und existenzgefährdend sein.

Hinsichtlich der Claiming-Gründe kann eine Verschiebung festgestellt werden. Waren im Jahr 2023 noch gestiegene Materialkosten der häufigste Claiming-Grund, werden für 2024 Volumenschwankungen als Hauptgrund erwartet. Dies deckt sich mit aktuellen Prognosen, die das Produktionsvolumen in Europa für 2024 zuletzt leicht nach unten korrigierten. Zurückzuführen ist dies maßgeblich auf sinkende Absatzprognosen bei batterieelektrischen Fahrzeugen.

Tatsächliche (2023) und erwartete (2024) Deckung des Kostenanstiegs durch Claims

Quelle: Berylls by AlixPartners

Trotz der verschlechterten Aussicht schätzen die befragten Experten laut der Umfrage ihr Claim-Management im Durchschnitt als positiv ein. Zusammengefasst liegt die Reife des Claim-Managements meist deutlich unter dem optimalen Niveau, woraus sich folgende Handlungsfelder für Zulieferer ergeben:

Transparenz schaffen: Um Claims erfolgreich und schnell abzuwickeln, ist umfassende Transparenz über alle Möglichkeiten für Claims, Verträge mit Kunden, Kostenentwicklung sowie laufende Claim-Prozesse elementar.

Klare Regeln und Prozesse etablieren: Ein erfolgreiches Claim-Management erfordert klare Strukturen, Verantwortlichkeiten und Prozesse. Es ist wichtig, Regeln für die Kommunikation mit Kunden sowie das Einbinden von Managementebenen zu etablieren.

Claims konsequent durchsetzen: Zur Durchsetzung von Claims müssen KPIs zur Steuerung, Kontrolle und Incentivierung verwendet werden. Sie dienen als Auslöser für den Start eines Claim-Prozesses und helfen dabei, die Leistung und Effektivität zu verbessern. Die Einbeziehung von Abteilungs- und Funktionsübergreifender Teams aus Einkauf, Produktion, Vertrieb und Finance sowie externer Experten bei kritischen Verhandlungen ist entscheidend, um Claims erfolgreich durchzusetzen.

Ein abschließender Blick auf die Umfrageergebnisse: Im Jahr 2023 konnten die befragten Experten in Summe ca. 2,7 Milliarden Euro des gesamten Kostenanstiegs nicht durch Claims kompensieren. Da die Realisierung von Claims in 2024 noch schwieriger werden wird, ist es somit für alle Zulieferer zwingend notwendig, ihr Claim-Management weiter zu professionalisieren.

Hauptgründe für Claims

Quelle: Berylls by AlixPartners

Autoren
Dr. Alexander Timmer

Partner

Thorsten Lips

Partner

Philipp Stütz

Associate Partner

Maximilian Deuringer

Consultant

Dr. Alexander Timmer

Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.

Philipp Stütz

Philipp M. Stütz (1981) verstärkt seit Anfang 2021 das Berylls Operations Team. Er besitzt über fünfzehn Jahre Erfahrung in der Automobilindustrie. Davon hat er sieben Jahre bei einem internationalen Automobilzulieferer mit Einsätzen in Spanien, den USA und Mexiko und über acht Jahre in der Beratung verbracht. Sein Beratungsschwerpunkt liegt im Bereich Operations Excellence, insbesondere in großen Transformationsprogrammen, Prozessoptimierungen und der Effizienzsteigerung in der Administration und indirekten Produktionsbereichen. Zu den Klienten, die er betreut, zählen Zulieferer wie OEMs gleichermaßen.
Philipp M. Stütz ist technisch orientierter Diplomkaufmann und hat an den Universitäten Stuttgart und Straßburg studiert.

Thorsten Lips

Thorsten Lips (1972) ist Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors). Er begann seine Karriere 1998 als Unternehmensberater bei PricewaterhouseCoopers Düsseldorf. Nach einem sechsjährigen Aufenthalt am Malik Management Centre in St. Gallen, Schweiz, übernahm er als Partner bei Horváth die branchenübergreifende, globale Verantwortung für Pricing, Sales, Service und Marketing. Bei Berylls liegt sein Schwerpunkt im Bereich Pricing & Revenue Management. Dies umfasst die klassischen Themen wie Neu- und Gebrauchtwagenpreise, Aftersales Pricing und ähnliches. Darüber hinaus ist er Experte für innovative Pricing- und Revenue Management-Ansätze für digitale Produkte und Dienstleistungen sowie im Bereich des datengetriebenen Pricings.

Studium des Wirtschaftsingenieurwesens an der Technischen Universität Ilmenau und der Technischen Universität Darmstadt.

Zulieferer melden sich zurück – Marge und Umsatz steigen

München, Juli 2024

Zulieferer melden sich zurück – Marge und Umsatz steigen

München, Juni 2024
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uch im Jahr 2023 konnten die weltweit 100 größten Zulieferer ihren Umsatz steigern. Gesunkene Rohstoff- und Energiekosten trugen zudem zu einer Entspannung bei der im Vorjahr unter Druck geratenen Marge bei.

Die größten Gewinner des vergangenen Jahres kamen erneut aus Asien. Bei den Warengruppen hatten abermals Batterie- und Halbleiterhersteller, trotz rückläufigen Umsatzwachstums, die höchsten Wachstumsraten bei Umsatz und Marge.

Die Automobilindustrie erlebte im Jahr 2023 eine Erholung entlang der gesamten Lieferkette. Sowohl die OEMs als auch die Zulieferer konnten ihre Umsätze und Margen steigern. Nachdem der Umsatz der Zulieferer im Jahr 2022 erstmals die Marke von einer Billion Euro überschritt, konnten die Zulieferer 2023 ihren Umsatz um 6,9% steigern und mit 1.135 Milliarden Euro erneuten einen Spitzenwert erzielen. Die zehn größten Automobilhersteller übertrafen mit einem Umsatzanstieg von 8,1% auf 1.770 Milliarden Euro sogar das Wachstum der Zulieferer. Die OEMs profitierten dabei vor allem von einer gestiegenen Nachfrage in Nordamerika und Europa, die entgegen vielen Prognosen vor allem auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren entfiel.

Bei der Marge konnten die Zulieferer, auch dank einer Entspannung der Rohstoff- und Energiekrise, das größere Wachstum verbuchen. Die umsatzgewichtete Marge der TOP 100 stieg um 0,7 Prozentpunkte auf 5,9%, die TOP 10 OEMs konnten im vergangenen Jahr die umsatzgewichtete Marge um 0,6 Prozentpunkte auf 8,5% verbessern. Damit beendeten die Zulieferer eine dreijährige Periode, in der sich ihre Margen im Vergleich zu den OEMs Jahr für Jahr weiter auseinanderentwickelten. Vor allem die Zulieferer aus Asien konnten 2023 mit hohen Wachstumsraten bei Umsatz und Marge glänzen. Vier der fünf Wachstumschampions, sowohl beim relativen Umsatzwachstum als auch beim Anstieg der Marge, kommen aus Asien.

Im Jahresrückblick haben damit vor allem drei Themen die Entwicklung der Automobilindustrie beeinflusst: erstens das Absatzplus der OEMs, insbesondere bei Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor; an zweiter Stelle der Rückgang der Erzeugerpreise, der zu einer Erholung der Margen führte; und drittens die erneut starke Performance asiatischer Zulieferer im Vergleich zu ihren Konkurrenten aus Europa und Nordamerika. Vor allem die südkoreanischen Batteriehersteller konnten mit einem hohen Umsatzwachstum herausstechen, während sich die im Vorjahr noch so stark gewachsenen Halbleiterproduzenten in puncto Wachstum den anderen Warengruppen annäherten.

UMSATZ UND MARGE DER TOP 100 ZULIEFERER UND TOP 10 OEMs 2017–2023 (IN MRD. EUR UND % DES UMSATZES)

¹ VW, Toyota, Mercedes-Benz, Ford, GM, Stellantis, Honda, BMW Group, Saic, Hyundai                             
Quelle: Berylls by AlixPartners

Umsatz steigt – dank zunehmendem Fahrzeugabsatz

Dass die Zulieferer und Automobilhersteller im Jahr 2023 ihren Umsatz steigern konnten, lag maßgeblich an dem weltweit um 12% gestiegenen Fahrzeugabsatz. Dabei sorgte bei den TOP 10 OEMs vor allem die gestiegene Nachfrage nach Verbrennermodellen für ein großes Umsatzplus von 85,6 Milliarden Euro. Elektro- und Hybridmodelle zeichneten sich zwar durch hohe Wachstumsraten von 30% bzw. 54% bei den weltweiten Fahrzeugzulassungen aus, doch aufgrund der weiterhin vergleichsweisen geringen Volumina trugen sie absolut gesehen nur zu einem Umsatzplus von 17,7 Milliarden Euro beziehungsweise 29,6 Milliarden Euro bei den TOP10 OEMs bei. Zu den Profiteuren gehören Zulieferer, die einen hohen Anteil an Bauteilen für Verbrennerfahrzeuge im Portfolio haben. Sie verzeichneten 2023 ein überdurchschnittliches Umsatzwachstum von 9,6% und lagen damit 2,7 Prozentpunkte über dem Wachstum von 6,9% der größten 100 Zulieferer. Auch bei der Marge konnten die Zulieferer mit Fokus auf den Verbrenner einen höheren Anstieg verzeichnen als der Durchschnitt. Stieg die Marge der TOP 100 um durchschnittlich 0,7 Prozentpunkte, lag der Anstieg bei den Unternehmen mit hohem Verbrenneranteil im Produktportfolio bei 1,1 Prozentpunkten. Des Weiteren profitierten 2023 Unternehmen, die Teile für Nutzfahrzeuge herstellten. Mit 16% in Europa und 14% in den USA lag die Wachstumsrate bei den neuzugelassenen Nutzfahrzeugen jeweils 2% über der von neuzugelassenen PKW. In China stieg der Absatz von Nutzfahrzeugen sogar um 22% und übertraf damit die Wachstumsrate der PKW mit 11% deutlich. Der größte Profiteur: Weichai Power, ein chinesischer Spezialist für Verbrennungsmotoren und Nutzfahrzeuge, der 2023 seinen Umsatz um 38,5% und seine Marge um 5,8 Prozentpunkte steigern konnte. Ebenfalls profitierte Nutzfahrzeugzulieferer Knorr-Bremse von diesem Wachstum und konnte infolgedessen seinen Umsatz um 11,5% und die Marge um einen Prozentpunkt steigern.

UMSATZENTWICKLUNG DER TOP 10 OEMs NACH ANTRIEBSART UND REGIONEN (IN MRD. EUR)

Quelle: Berylls by AlixPartners

Marge steigt – dank gesunkener Erzeugerpreise

Neben dem Umsatzwachstum durch die gestiegene Nachfrage hatten auch die gesunkenen Erzeugerpreise und der damit verbundene Anstieg der Marge einen positiven Effekt auf die finanzielle Situation der Hersteller und Zulieferer. Der Margendruck nahm in den vergangenen Jahren durch geopolitische Konflikte wie den Krieg in der Ukraine sowie durch Covid-19 und den Halbleitermangel kontinuierlich zu. Als Folge stiegen Rohstoff- und Energiepreise stark an, während Margen sanken. Vor allem der Standort Deutschland litt im vergangenen Jahr darunter, was zahlreiche Restrukturierungen und Werksschließungen nach sich zog. Mit Bosch kündigte auch der weltweit größte Automobilzulieferer einen Stellenabbau in Deutschland an. Dass der Rückgang der Erzeugerpreise das Ende dieser Sparprogramme einläutet, bleibt dennoch unwahrscheinlich. Zwar sanken die Erzeugerpreise in Deutschland 2023 um –2,4%, maßgeblich verursacht durch um 50% gesunkene Energiekosten, aber im internationalen Vergleich bleibt das Kostenniveau in Deutschland weiterhin hoch. Denn mit –2,7% in den USA und –6,8% in China sanken die Erzeugerpreise in den beiden Ländern nicht nur stärker, sondern waren im Jahr 2022 mit einem Anstieg von 16,3% in den USA und 4,1% in China bereits weniger stark gewachsen als in Deutschland, in dem die Erzeugerpreise im Jahr 2022 um 32,9% zunahmen.

ENTWICKLUNG DER ERZEUGERPREISE IM VERGLEICH ZUM VORJAHR
(IN %)

Quelle: Berylls by AlixPartners

Rennen der Nationen – China auf der Überholspur

Obige Kostenvorteile sind auch ein Grund, warum chinesische Zulieferer zunehmend häufiger im TOP 100 Ranking vertreten sind. Während 2012 Weichai Power der einzige chinesische Zulieferer im Ranking war, waren 2022 bereits acht chinesische Unternehmen unter den 100 weltweit größten Zulieferern vertreten. Vor allem CATL geriet ins Rampenlicht – 2018 zum ersten Mal unter den 100 größten Zulieferern, kletterte der Batteriehersteller innerhalb von fünf Jahren sogar in die Riege der zehn größten Zulieferer. Im Jahr 2023 hat mit dem Reifenhersteller Sailun erneut ein chinesisches Unternehmen den Sprung in die TOP 100 geschafft.

Ein Ende des rasanten Anstiegs chinesischer Zulieferer in den TOP 100 ist auch weiterhin nicht in Sicht. Laut Berylls-Analyse könnten bis 2030 acht zusätzliche chinesische Lieferanten im TOP 100 Ranking vertreten sein und mit CATL würde auch der größte Zulieferer der Welt 2030 aus China kommen, statt wie aktuell mit Bosch aus Deutschland. Damit hätte China mit 17 Zulieferern im Jahr 2030 Deutschland vom zweiten Platz hinter Japan verdrängt. Aus Deutschland, das aktuell von 17 Unternehmen in den TOP 100 repräsentiert wird, würden 2030 hingegen nur noch 13 Zulieferer kommen. Japan, aktuell mit 23 Unternehmen vertreten, wird weiterhin seine Position an der Spitze der Länder mit den meisten Zulieferern innerhalb der TOP 100 behalten und würde mit voraussichtlich 26 Unternehmen im Jahr 2030 seinen Vorsprung weiter ausbauen.

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass es sich bei diesen chinesischen Zulieferern nicht nur um Batterie- oder Halbleiterhersteller handelt. Ganz im Gegenteil: chinesische Unternehmen gewinnen in altbekannten Warengruppen wie Sitze, Reifen, Beleuchtung oder Bremsen zunehmend Marktanteile. Beispielsweise konnte die chinesische NBHX Group, ein Spezialist für Fahrzeuginnenräume, den Umsatz 2023 um 17,9% auf 3 Milliarden Euro steigern und verpasste so den Einzug in die TOP 100 nur knapp. Auch der chinesische Karosserie- und Interieurzulieferer TUOPU ist mit einem Umsatz von 2,6 Milliarden Euro und einer Wachstumsrate von 23,2% im vergangenen Jahr ein heißer Anwärter auf einen Platz im Ranking der 100 größten Zulieferer. Das starke Wachstum chinesischer Zulieferer ist dabei nur bedingt durch das Aufstreben der chinesischen OEMs verursacht. Vielmehr waren chinesische Zulieferer in der Lage, Marktanteile von der Konkurrenz aus Europa und den USA zu übernehmen. Denn während das Umsatzwachstum in Euro bemessen für die fünf größten chinesischen OEMs im Jahr 2023 seit 2018 nur bei 39% liegt, konnten die fünf größten chinesischen Zulieferer im selben Zeitraum den Umsatz in Euro um 121% steigern.

Dass die Zulieferer aus Europa und den USA nicht zu den großen Gewinnern 2023 zählten, ist ein alarmierendes Signal, wenn man einen Blick auf das regionale Wachstum der OEMs wirft. Denn in Europa und den USA konnten die zehn größten OEMs mit 15,5% und 12,7% zweistellige Wachstumsraten verzeichnen, während in Asien das Umsatzwachstum mit 3,8% deutlich schwächer ausfiel. Für die Zulieferer aus Deutschland gibt es dennoch eine positive Nachricht: Seit 2017 sank der Umsatzanteil der deutschen Zulieferer im TOP 100 Ranking kontinuierlich, ein Trend der 2023 gestoppt werden konnte. Wie auch 2022 belief sich der Anteil Deutschlands am Gesamtumsatz auf 20,6%. An dieser Stelle müssen allerdings auch die Wechselkurseffekte zu Gunsten des Euro im vergangenen Jahr berücksichtigt werden. Denn im Vergleich zu 2022 verlor der chinesische Yuan durchschnittlich um 7,6%, der japanische Yen 9,2% und der koreanische Won 3,8%. Umso beeindruckender, dass Japan, dessen Umsatzanteil von 2018 bis 2022 von 27,7% auf 21,8% sank, auch in der Lage war seinen Umsatzanteil in 2023 zu stabilisieren. Für die chinesischen Zulieferer hatten die Wechselkurseffekte sogar einen, wenn auch leichten, Rückgang des Marktanteils zur Folge: Statt wie 9,3% in 2022, konnten die Zulieferer aus dem Reich der Mitte in 2023 nur 9,1% zum Umsatz der TOP 100 beitragen. Der Gewinner im Rennen der Nation war auch dieses Jahr Südkorea, dass seinen Umsatzanteil, vor allem dank der Batteriehersteller, von 8,8% auf 9,8% steigern konnte.

AUFSTIEG CHINAS INNERHALB DER TOP 100

¹ Umsatzanteil 2030 basiert auf dem bereinigten CAGR von 2019–2023 für die Zulieferer aus dem TOP 100 Ranking und mögliche chinesische Neuzugänge; CAGR angepasst gemäß Berylls Annahmen für Batteriewachstum, Einmaleffekte und Gewichtung der jährlichen Wachstumsraten zwischen 2019 und 2030.

Quelle: Berylls by AlixPartners

China und Korea werden zur Autonation

Der Aufstieg chinesischer Zulieferer ist dabei mehr als nur eine Begleiterscheinung des Wirtschaftswachstums in China. Denn während das nominale BIP Chinas in Euro bemessen seit 2018 um 36% angestiegen ist, nahm der Umsatz der im Ranking vertretenen Zulieferer um 144% zu. Dabei profitierte China auch durch den Zugewinn von drei neuen Unternehmen, die es seit 2018 in das Ranking geschafft haben: die Reifenhersteller ZC Rubber und Sailun sowie der Glashersteller Fuyao. Noch deutlicher fällt der Unterschied in Südkorea aus. Mit einem Umsatzzuwachs von 145% kann Südkorea das Wachstum chinesischer Zulieferer sogar noch übertreffen, und das bei einem nominalem BIP-Wachstum von lediglich 5%. Auch hier konnten Neueinsteiger, die mehrheitlich neue Technologien für die Automobilindustrie produzieren, zum Umsatzwachstum beitragen. Mit SK on, Samsung SDI und LG Energy Solution sind drei der koreanischen Neueinsteiger Batteriehersteller. Dass neue Technologien in der Automobilindustrie in den vergangenen Jahren hohes Wachstum erfuhren, zeigt sich auch eindrucksvoll am Beispiel der Niederlande. Wie schon 2018 ist NXP Semiconductors auch 2023 der einzige niederländische Vertreter im Ranking der 100 größten Zulieferer. Dank der hohen Nachfrage nach Halbleitern in den vergangenen Jahren betrug das Umsatzwachstum des Halbleiterherstellers von 2018 bis 2023 101% und übertrifft damit das nominale BIP-Wachstum von 27% deutlich. Von den etablierten Zulieferernationen – Japan, Deutschland und die USA – konnten lediglich japanische Unternehmen in den TOP 100 stärker wachsen als das nominale BIP, und das, obwohl im Jahr 2023 fünf japanische Unternehmen im TOP 100 Ranking weniger vertreten waren als noch 2018. Doch die verbliebenen Unternehmen waren in der Lage, im Jahr 2023 den gleichen Umsatz zu erwirtschaften wie alle 28 Unternehmen zusammen noch im Jahr 2018. Damit liegt Japan trotz einer Umsatzstagnation über dem nominalen BIP-Wachstum, das seit 2018 um –11% zurückgegangen ist.

ENTWICKLUNG UMSATZ DER TOP 100 UND NOMINALES BRUTTOINLANDSPRODUKT (BIP)
(WACHSTUM ZULIEFERERUMSATZ UND NOMINALES BIP 2018–2023, IN % KUMULIERT)

Quelle: Berylls by AlixPartners, World Bank

Batterie- und Halbleiterproduzenten erneut stark – Reifengeschäft schwach

Auch 2023 gehörten Batteriehersteller wieder zu den Unternehmen mit dem höchsten Umsatzwachstum, und dies trotz eines Einbruchs der Wachstumsrate um 40,8 Prozentpunkte. Denn während 2022 das Umsatzwachstum der Batteriehersteller noch bei 64,5% lag, waren es im vergangenen Jahr nur 23,7%. Vor allem Platzhirsch CATL konnte nicht an die Wachstumsrate aus dem Vorjahr anknüpfen und 2023 den Umsatz in Euro bemessen nur um 11,4% steigern, während 2022 das Umsatzplus noch bei 84,5% lag. Für die koreanischen Batterielieferanten lief es dagegen deutlich besser: Mit einem Umsatzwachstum von 62,8% verzeichnete SK on das größte Wachstum aller Zulieferer in den TOP 100, gefolgt von LG Energy Solution mit 40,1%. Auch Samsung SDI, der Letzte der drei koreanischen Batteriehersteller im Ranking, konnte sich mit 34,6% einen Platz unter den fünf Wachstumschampions sichern.

Es scheint jedoch, dass sich die Zeiten des rapiden Wachstums vorerst dem Ende neigen. Im vierten Quartal hatten die im Ranking vertretenen Batteriehersteller alle mit einer schwachen Nachfrage zu kämpfen. So musste CATL im letzten Quartal einen Umsatzrückgang von 10,6% gegenüber dem Vorjahreszeitraum verzeichnen. Aber auch alle anderen Batteriehersteller, die es in die diesjährigen TOP 100 geschafft haben, erlebten im letzten Quartal 2023 einen Umsatzrückgang gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Für die Batteriehersteller ist die sinkende Wachstumsrate ein Alarmsignal, denn getrieben durch hohe Fördersummen haben die Hersteller in den vergangenen Jahren ihre Kapazitäten so stark erweitert, dass die weltweite Nachfrage 2023 zu 268% gedeckt war und die Werke der Batteriehersteller theoretisch nur zu 37% ausgelastet waren. Die Folge der Überkapazitäten ist ein Preiskampf der Hersteller, der sich bereits auf die Margen auswirkt. Beispielsweise sank die Marge von LG Energy Solutions von 6% im dritten Quartal 2023 auf 0% im vierten Quartal 2023 und ist damit gefährlich nahe an der Verlustzone. Und auch für die kommenden Jahre ist zu erwarten, dass die Margen der Batteriehersteller weiter unter Druck stehen, denn trotz der bestehenden Überkapazitäten werden weiterhin hohe Subventionen für den Aufbau von Batterieproduktionen geleistet. Es ist daher damit zu rechnen, dass erst 2040 der Bedarf so zu den Kapazitäten aufgeschlossen hat, dass die Hersteller ihre Zielauslastung von 80% zumindest annähernd erreichen.     

PROGNOSE REGIONALE BATTERIENACHFRAGE UND PRODUKTIONSKAPAZITÄT(IN GWH)

Annahmen: 80% der Gesamtkapazität wird für EV genutzt; CAGR-Produktionskapazität 8% ab 2030, basierend auf Wachstum 2027–2030

Quelle: Berylls by AlixPartners

Neben den Batterieherstellern sahen auch die Halbleiterhersteller erneut überdurchschnittliches Umsatzwachstum. ST Micro, Onsemi und Infineon verzeichneten allesamt über 15% Wachstum. Zusätzlich konnten die Halbleiterhersteller ihre umsatzgewichtete Marge um 3,6 Prozentpunkte auf 31% steigern. Damit verzeichneten die Halbleiterhersteller auch dieses Jahr den höchsten absoluten Margenzuwachs, und dies, obwohl ihre umsatzgewichtete Marge bereits im Jahr 2022 mit 27,4% deutlich über dem Durchschnitt der TOP 100 mit 5,2% lag. Das Durchschnittswachstum der Halbleiterhersteller im TOP 100 Ranking sank allerdings deutlich von 48,7% im Jahr 2022 auf 13% im Jahr 2023. Dieser Wachstumsrückgang ist auf drei wesentliche Gründe zurückzuführen.

Erstens haben die Automobilhersteller aus Angst vor weiteren Engpässen bereits 2022 ein hohes Inventar an Chips aufgebaut und so die Nachfrage im Jahr 2022 deutlich angekurbelt. Zweitens haben auch andere Halbleiterhersteller, die vorrangig für die Konsumgüterindustrie produzierten, die hohe Nachfrage nach Halbleitern in der Automobilindustrie zur Kenntnis genommen und sich mittlerweile zu ernsthaften Konkurrenten der in den TOP 100 vertretenen Zulieferer entwickelt. Qualcomm, der amerikanische Branchen-Gigant für Smartphone-Chips, konnte im vergangenen Geschäftsjahr seinen Umsatz im Automobilsektor um 24,1% auf 1,73 Milliarden Euro steigern. Bei gleichbleibendem Wachstum würde Qualcomm, das theoretisch heute auf Platz 133 der Rangliste liegt, damit innerhalb der nächsten drei Jahre den Aufstieg in die 100 größten Automobilzulieferer schaffen. Zuletzt sorgte die hinter den Erwartungen zurückgebliebene Nachfrage nach Elektrofahrzeugen für den Rückgang der Wachstumsrate, denn Fahrzeuge mit Elektroantrieb enthalten bis zu drei Mal so viele Halbleiter wie traditionelle Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Die einzige Warengruppe, die nicht vom gestiegenen Fahrzeugabsatz profitieren konnte, sind Reifen. Reifenhersteller hatten 2023 aufgrund eines Einbruchs im Reifenersatzgeschäft einen Umsatzrückgang von 1,9% zu verbuchen, die umsatzgewichtete Marge stieg im Durchschnitt um 0,2 Prozentpunkte und damit deutlich schwächer als die umsatzgewichtete Marge der TOP 100. Der Einbruch des Ersatzreifenmarkts, der für etwa 80% des Umsatzes der Reifenhersteller verantwortlich ist, plagte vor allem europäische und amerikanische Reifenhersteller. In den USA sank dieser um 8%, in Europa sogar um 12%. Goodyear verlor 5,3% an Umsatz, Michelin verlor 0,9%. Obwohl Continental seinen gesamten Automobilumsatz um über 5% steigern konnte, sank der Umsatz im Reifengeschäft um 0,3%. Der einzige europäische Reifenhersteller, der keinen Umsatzrückgang zu verzeichnen hatte, ist damit Pirelli mit einem Umsatzwachstum von 0,5%. Pirelli ist auch der Einzige der vier genannten Reifenhersteller mit einem Zuwachs bei der Marge. Der einzige asiatische Reifenhersteller, dem es nicht gelang, die Marge zu steigern, ist Bridgestone. Die restlichen fünf asiatischen Reifenhersteller konnten alle ihre Marge deutlich steigern. Den größten Zuwachs verzeichnete Hankook Tires mit einem Anstieg von 6,4 Prozentpunkten im Vergleich zu 2022. Durch den verdichtenden Wettbewerb, vor allem aus Asien, sind europäische und amerikanische Reifenhersteller gezwungen, ihre Kosten weiterhin zu minimieren. Dabei leidet vor allem der Industriestandort Deutschland: 2023 wurden vier Schließungen von Michelin und Goodyear bekanntgegeben – ein Drittel aller existierenden Reifenwerke in Deutschland.

Ausblick

In der dynamischen Welt der Automobilindustrie stehen Zulieferer vor wegweisenden Herausforderungen. Eine klare Marktstrategie für den Umgang mit China ist unerlässlich, da die Konkurrenz aus dem Reich der Mitte in allen Warengruppen spürbar zunimmt. Doch bietet der chinesische Markt nicht nur Wettbewerb, sondern auch bedeutende Chancen, da die Nachfrage nach Zulieferprodukten dort mit dem Aufstieg chinesischer OEMs drastisch zunehmen wird.

Zudem ist eine kritische Überprüfung der Portfoliostrategie gefordert. Trotz der unbestrittenen Bedeutung der Elektromobilität als Zukunftstechnologie ist der optimale Zeitpunkt für eine vollständige Umstellung immer noch unklar. Sollten die Wachstumsraten für E-Fahrzeuge weiterhin sinken, müssen Investitionen in elektrifizierte Portfolios sorgfältig abgewogen und gegebenenfalls Anpassungen vorgenommen werden. Darüber hinaus müssen die Zulieferer Flexibilität zeigen, um auf kurzfristige Volumenänderungen der Hersteller zwischen Elektro- und Verbrennerfahrzeugen reagieren zu können.

Autoren
Dr. Alexander Timmer

Partner

Dr. Jürgen Simon

Associate Partner

Gereon Heitmann

Senior Consultant

Simon Flierl

Consultant

Dr. Alexander Timmer

Dr. Alexander Timmer (1981) ist seit Mai 2021 als Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Markteintritts- und Wachstumsstrategien, M&A und kann auf eine langjährige Erfahrung im Operations-Umfeld zurückschauen. Dr. Alexander Timmer berät seit 2012 Automobilhersteller und -zulieferer im globalen Kontext. Er verfügt über ein fundiertes Expertenwissen in den Bereichen Portfolioplanung, Entwicklung und Produktion. Zu seinen weiteren fachlichen Schwerpunkten zählen unter anderem Digitalisierung und der Themenkomplex rund um die Elektromobilität.
Vor seinem Einstieg bei Berylls Strategy Advisors war er unter anderem für Booz & Company und PwC Strategy& als Mitglied der Geschäftsführung in Nordamerika, Asien und Europa tätig.
Im Anschluss an sein Maschinenbaustudium an der RWTH Aachen und der Chalmers University in Göteborg promovierte er im Bereich der Fertigungstechnologien am Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen.

Dr. Jürgen Simon

Dr. Jürgen Simon (1986) ist als Associate Partner bei Berylls by AlixPartners (ehemals Berylls Strategy Advisors) tätig, einer internationalen und auf die Automobilitätsindustrie spezialisierten Strategieberatung. Er ist Experte für Vertriebs- und Unternehmensstrategien sowie M&A und kann auf eine langjährige Beratungserfahrung zurückschauen. Er berät seit 2011 Automobilhersteller und -zulieferer und verfügt über fundiertes Expertenwissen in den Bereichen ganzheitliche Strategieentwicklung, Geschäftsmodelle und Commercial Due Diligence. Weitere Schwerpunkte liegen in Markteintrittsstrategien sowie Themen rund um das „Software Defined Vehicle“. Als diplomierter Ökonom der Universität Hohenheim hat er vor seinem Einstieg bei Berylls am Institut für Unternehmensführung des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) promoviert.